Klinikum Oldenburg AöR: OLIPSTA - Interprofessionelle Ausbildungsstation

Das Klinikum Oldenburg hat eine interprofessionelle Ausbildungsstation eingeführt, auf der neben Medizin, Pflege und Physiotherapie auch Notfallsanitäter, Medizinische Fachangestellte und Apotheker berufsgruppenübergreifend zusammenarbeiten.

Datum:

13.03.2023

Ort:

Klinikum Oldenburg AöR

Interviewpartner:

Sabine Brase

Themenkategorie:

Neue Arbeitsteilung und Prozessgestaltung

Maßnahme:

OLIPSTA – Interprofessionelle Ausbildungsstation

Projektanlass
Die wachsenden Herausforderungen im Gesundheitswesen wie demographische Entwicklungen, medizinisch-technischer Fortschritt, personalintensive Beschäftigung und steigende Gesundheitsausgaben zwingen Kliniken zu einem innovativen Denken. Hierzu gehört auch das Umdenken der praktischen Ausbildung. Eine Interprofessionelle Ausbildungsstation (IPSTA) bietet die Möglichkeit, Ausbildung neu zu denken und neue Konzepte zu erproben.

Das Klinikum Oldenburg mit ihrer universitären Anbindung bietet Idealbedingungen für die Umsetzung einer IPSTA. Schon seit 1997 haben Auszubildende in der Pflege einen bestimmten Zeitraum eigenständig eine Station geführt.

2021 wurde im Klinikum Oldenburg ein interprofessionelles Projektteam gebildet. Dieses setzt sich aus Medizin, Pflege, Physiotherapie, Wissenschaft; Ausbildung und Lehre zusammen. In mehreren Meetings wurde das Konzept erstellt und festgelegt das Studierende und Auszubildende aus vielfältigen Gesundheitsfachbereiche teilnehmen sollten. Im ersten Durchgang der OLIPSTA (Oldenburger Interprofessionelle Ausbildungsstation) konnten Auszubildende aus folgenden Bereichen gewonnen werden: Pflege, Medizin und Physiotherapie. Sie übernahmen im Juni 2022 für drei Wochen einen Stationsbereich der Universitätsklinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie.

Das Ziel der interprofessionellen Ausbildungsstation am Klinikum Oldenburg ist, ein universitäres Lernniveau durch die Verknüpfung von Studium und Ausbildung im praktischen Umfeld zu erreichen. Die Schaffung von Transparenz der Rollen, Aufgaben und Verantwortungsbereiche stehen im Vordergrund. Außerdem fördert die Ausbildungsstation die interprofessionelle, monoprofessionelle, und auch zwischenmenschliche Kommunikation. Daraus resultierend wird die interprofessionelle Zusammenarbeit gestärkt. Ein weiteres Ziel ist die Steigerung der Zufriedenheit der Auszubildenden und Studierenden aller Berufsgruppen und die Bindung der Mitarbeitenden an das Krankenhaus durch die selbstständige und verantwortliche Lösung von Aufgaben. Besonderer Fokus der Ausbildungsstation ist die Stärkung der Patientenautonomie und Selbstbestimmung.

Projektumsetzung
Während der Durchführungsphasen wird für den OLIPSTA-Bereich eine Doppelstruktur auf der beteiligten Station hinsichtlich Dienstzimmer und Equipment eingerichtet. Des Weiteren bedarf es zusätzliche personelle und zeitliche Ressourcen für Lernbegleitungen in jeder Profession, da die Lernbegleitung intensiv geschult werden muss.

Die interprofessionelle Ausbildungsstation wird bis zu 4-mal jährlich durchgeführt, je nach Einmündung der Studierenden und Auszubildenen in die klinische Praxis. Gestartet wurde in der Universitätsklinik für Allgemein – und Viszeralchirurgie, die Univ.-Prof. Dr. med. Maximilian Bockhorn medizinisch verantwortet. Seine Patientinnen und Patienten und deren Angehörige wurden umfassend informiert. Für 3 Wochen wurden dann 6 bis 8 Patientinnen  und Patienten im Frühdienst von 2 bis 3 Medizinstudierenden, 5 bis 6 Pflegeauszubildenden im 3. Ausbildungsjahr und einer Physiotherapeutin in Ausbildung sowie deren Lernbegleitungen gemeinsam versorgt.

Projektbeurteilung
Die Auszubildenden und Studierenden berichteten im in der Fokusgruppe und in der Reflexion von einem Lernzuwachs. Sie formulierten, dass vor allem das selbstständige Arbeiten, die Festlegung der gemeinsamen Tagesstruktur und das Voneinander lernen durch Peer-to-Peer Schulungen ihr Lernergebnis beeinflusst hätte. Als Team sahen sie sich bereits in der ersten Woche. Positiv haben sie ebenfalls ihre vorher erarbeite Kommunikationsregeln bewertet. Sie konnten dadurch konstruktives Feedback geben und sich selbst reflektieren. Eine Umsetzung des Feedbacks erfolgte unmittelbar. Des Weiteren empfanden sie das SBAR Schema für die Übergabe hilfreich, es gab ihnen Sicherheit und half in der professionellen Kommunikation.

Die Lernbegleiter:innen beobachteten ebenfalls eine steile Lernkurve und eine schnelle Teamentwicklung. Herausfordernd empfanden die Lernbegleiter:innenihre neue Rolle und die räumlichen Strukturen im innerklinischen Betrieb. Ebenfalls zeigte sich, das Lerninhalte in der Einführungsphase angepasst werden müssen. Insgesamt sehen alle das Projekt als erfolgreich an.

Die betroffenen Patientinnen und Patienten fühlen sich medizinisch gut versorgt und insgesamt „gut aufgehoben“ auf der OLIPSTA.

Insgesamt haben von dem Projekt nicht nur die Lernenden profitiert, sondern auch die Station. Denn durch die OLIPSTA wurden Konzepte für die Patientensicherheit implementiert. Die nächste OLIPSTA startet im März 2023 auf der interdisziplinären Station der Universitätsklinik für Innere Medizin. In diesem Durchlauf setzt sich das OLIPSTA-Team aus Pflege, FSJ, Medizin, Physiotherapie und Pharmazie zusammen. Der dritte Durchlauf ist in Planung und wird weitere Gesundheitsfachbereiche mit einbeziehen.

Name des Krankenhauses
AnschriftKlinikum Oldenburg AöR
Rahel-Straus-Str. 10
26133 Oldenburg
Klinikleitung

Vorstand: Rainer Schoppik

Ärztlicher Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. Maximilian Bockhorn

Webseitehttps://www.klinikum-oldenburg.de/
Ansprechpartner:in der MaßnahmeSabine Brase, Pflegedirektorin (bis 31.03.2023), jetzt Michaela Hög- Engelage, stellv. Pflegedirektorin und Jessica Pritzkow, Ausbildungskoordinatorin Im Klinikum Oldenburg
Struktur- und Leistungsdaten
Anzahl der Betten im gesamten Krankenhaus:844
Ärzt:innen insgesamt (außer Belegärzte):398 Vollkräfte
Pflegepersonal 
Gesundheits- und Krankenpfleger:innen:471 Vollkräfte
Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger:innen185 Vollkräfte
Altenpfleger:innen:24 Vollkräfte
Projektmotivation/-vorbereitung

Ausgangslage

  • Auszubildende in der Pflege führen am Klinikum Oldenburg schon seit 1997 für einen bestimmten Zeitraum eigenständig eine Station.
  • Zur Stärkung des interprofessionellen Ansatzes entschieden Vorstand und Krankenhausleitung 2021, eine interprofessionelle Ausbildungsstation OLIPSTA einzuführen für (zunächst) Auszubildende und Studierende aus der Pflege, Medizin und Physiotherapie.
  • Die bestehende Schulmodellstation für Auszubildende in der Pflege läuft weiterhin parallel mit großem Durchsatz an Teilnehmenden.

Am Projekt beteiligte Berufsgruppen/Personen

  • Pflegedirektorin, Chefarzt, Oberarzt, Stationsleitung der Allgemeinchirurgie, Lehrkoordinatorin der Universität Oldenburg und die Ausbildungskoordinatorin des Klinikums Oldenburg
  • Unterstützung durch Pflegewissenschaftlerin, Pflegepädagogin, Physiotherapieleitung des Klinikums

Externe Projektförderung und Kooperationen

  • Keine externe Projektförderung
Projektumsetzung

Ziele

  • Ganzheitliches Lernen und ein interprofessioneller Kompetenzerwerb
  • Förderung der interprofessionellen Kommunikation
  • Verbesserung der Transparenz zwischen den Berufsgruppen
  • Stärkung der Team- und Reflexionsfähigkeit
  • Abbau der Hierarchieebenen
  • Stärkung der Patientensicherheit und -versorgung

Eingeführte Maßnahmen

  • Für den OLIPSTA-Bereich (zunächst allgemeine Innere Station) muss während der Durchführungsphasen eine Doppelstruktur auf der beteiligten Station eingerichtet werden:
    • Eigenes Dienstzimmer, Telefon und Equipment (Visitenwagen);
    • zusätzliche personelle und zeitliche Ressourcen (Lernbegleitung in jeder Profession);
    • OLIPSTA-Bereich wird durch Türschilder an den Zimmern der aufgenommenen Patient:innen und dem Dienstzimmer gekennzeichnet;
    • beteiligtes (Ausbildungs)Personal, Studierende und Auszubildende tragen Button an der Berufskleidung.
  • OLIPSTA wird bis zu 4-mal jährlich durchgeführt, sobald die Medizinstudierenden im PJ in die Praxis gehen.
  • Patient:innen und Angehörige werden im Vorfeld informiert.
  • Für ca. 3 Wochen werden dann 6 bis 8 (chirurgische) Patient:innen im Frühdienst von 2-3 Medizinstudenten und 5-6 Pflegenden in Ausbildung (3. Ausbildungsjahr) versorgt.
    • PJ’ler können sich über Homepage der Uni bewerben, Auszubildende bewerben sich in Eigeninitiative oder sind nach Ausbildungsschema im Fachbereich (grundsätzlich hat jede:r die Möglichkeit teilzunehmen).
  • Übergaben erfolgen nach dem SBAR-Schema (Situation, Background, Assessment, Recommendation).
  • Visiten erfolgen interprofessionell und supervidiert nach dem SBAR-Schema.
  • Spätdienst wird von der regulären Station übernommen.
  • Besondere Herausforderung für die Lernbegleitenden:
    • Übernahme zusätzlicher Rollen als Coaches, Moderator:innen, Partner:innen und Konstruktionshelfer:innen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Lernniveaus.
    • Neue Lernmethoden und Assessments: Peer-to-Peer-Teaching, interprofessionelle Visite, Delir-, Übergabe und Frühwarnassessment (SBAR, NEWS (National Early Warning System)).
  • Zukünftig werden zusätzlich Auszubildende zu Notfallsanitäter:innen, Medizinischen Fachangestellten und Apotheker:innen auf der OLIPSTA integriert.
    • Notfallsanitäter:innen führen ein Pflegepraktikum durch, erhalten auf diese Weise einen mehr ganzheitlichen Blick auf die Pflegeversorgung. Das Denken in Versorgungsketten wird erlernt und der kommunikative Umgang mit Angehörigen.
    • Medizinische Fachangestellte erhalten durch die OLIPSTA einen tieferen Einblick in die Arbeit der anderen Berufsgruppen können sich und ihre eigenen Aufgaben so besser einbringen.
    • Apotheker:innen nehmen mit großer Motivation an OLIPSTA teil.

Auswirkungen der Neuerungen auf die Berufsgruppen und das Klinikum

  • Interprofessionelles Zusammenarbeiten zieht sich durch das gesamte Klinikum und weitet sich aus:
    • z. B. Einrichten eines interprofessionellen Journal Clubs;
    • Folgeprojekt: Road of Error: Patientenaufnahmepfad wird interprofessionell mit Fehlern bestückt: Rettungsdienst, Pflege, Medizin gehen auf Fehlersuche und lernen gemeinsam voneinander.

Übernahme in die Regelversorgung

  • Ja
  • Konzept ist übertragbar, wird auch durchgeführt auf Abdominalchirurgie, inzwischen auch in der Universitätsklinik für Innere Medizin - Gastroenterologie, Hepatologie, Stoffwechselmedizin, Nieren- und Hochdruckerkrankungen

modifizierbar und anpassbar für Kinderklinik etc.

Projektbeurteilung
  • Derzeit Erhebung zur Messung des Grades der Interprofessionalität.
  • Patient:innen fühlen sich gut aufgehoben.
  • Teilnehmende sind hochmotiviert und zufriedener (bessere Vorbereitung auf Examen kann man sich nicht vorstellen).
     

Rückblickend als besonders erfolgreich betrachtet

  • Positive Entwicklung: SBAR-Konzept wurde auf alle Berufsgruppen übernommen
  • Interprofessionelle Zusammenarbeit auf Augenhöhe
  • Gemeinsamen Lernen „on the job“
     

Rückblickend als weniger erfolgreich betrachtet

  • Stationsleitung sollte nicht gleichzeitig die Leitung der OLIPSTA übernehmen, das braucht zu viel Zeit (doppelte Rolle im Konzept). Die Stationsleitungen sollten aus dem Konzept ausgenommen werden und zeitweise die Verantwortung für diesen Bereich abgeben.