Implementierung von Teilzeitmodellen

Familienfreundliches Personalmanagement ermöglicht individuelle Familienplanung und Karrierekonzeption. Seit 2006 werden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Helios St. Elisabeth Klinik Hünfeld individuelle Arbeitszeitmodelle und spezielle Angebote zum beruflichen Wiedereinstieg angeboten. Diese Form der Personalführung zielt bewusst darauf ab, die Beschäftigten in der Familien- und Freizeitplanung zu unterstützen und gleichzeitig die berufliche Karriereentwicklung zu fördern.

Datum:

27.07.2010

Ort:

HELIOS Kliniken GmbH – Helios St. Elisabeth Klinik Hünfeld

Interviewpartner:

Daniela Becker, ehemalige Geschäftsführerin

Themenkategorie:

„Vereinbarkeit von Familie, Freizeit und Beruf“

Maßnahme:

Kontaktprogramm während beruflicher Pause

Projektanlass

Begonnen hatte alles mit dem verstärkten Wunsch nach Teilzeit beim ärztlichen Personal. Dabei brachten die Mitarbeiter in vielen Fällen selbst Vorschläge ein, wie sie sich eine Stelle mit anderen interessierten Kollegen sinnvoll teilen können. Aus Sicht der Klinikleitung waren die Arbeitszeitmodelle von Anfang an eine reine Organisationsfrage, die voraussetzt, dass gewisse Arbeitsabläufe wie Sprechstunden, Patienteneinbestellung, Terminierung der Funktionsdienste und Operationsplanung mit der Dienstplanung abgestimmt werden.

Projektumsetzung

Zusammen mit der Personalabteilung entwickelten und berechneten Geschäftsführung und Ärztliche Leitung 2006 unterschiedliche Teilzeitkonzepte und Arbeitszeitmodelle. Diese wurden noch im gleichen Jahr erfolgreich in die Praxis umgesetzt. Anfänglich erforderte dies bei Vorgesetzten und Kollegen große Überzeugungsarbeit. „Natürlich ist es immer eine Teamentscheidung“ sagt Geschäftsführerin Daniela Becker. „Zur Erhaltung von Akzeptanz muss offen besprochen werden, wie die momentane Lage aussieht und welche Lösungsansätze möglich sind.“

Angesprochen von den Modellen fühlen sich hauptsächlich Familien, die berufliche Karriere und die Betreuung von Familienmitgliedern zeitlich aufeinander abstimmen müssen, sei es wegen der Betreuungszeiten der Kinder oder dem Wunsch nach mehr Freizeit. Dabei werden die Konzepte mehr von Frauen in Anspruch genommen als von Männern. Die Mitarbeiter tragen ihr Anliegen an den Vorgesetzten oder an die Geschäftsführung heran. Dies kann im Rahmen der jährlichen Mitarbeitergespräche oder während des Bewerbungsgespräches sein. Gemeinsam wird dann überlegt, wie die Arbeitsreduktion aussehen soll und durch wen die Stunden aufgefangen werden können.

Neben den Arbeitszeitmodellen gibt es seitens der Klinik auch spezielle Angebote zum beruflichen Wiedereinstieg während und nach der Elternzeit. So stellt die Gemeinde Hünfeld den Mitarbeitern der St. Elisabeth Klinik Betreuungsplätze für Kinder zur Verfügung. Wer den Wunsch hat, vor Ablauf der Elternzeit an den Arbeitsplatz zurückzukehren, wird von HELIOS Kliniken mit einem monatlichen Betreuungszuschuss von 100 Euro unterstützt. Auch besteht die Möglichkeit, während einer Berufspause an Fort- und Weiterbildungen teilzunehmen. Die Aufrechterhaltung des Kontaktes zwischen Mitarbeitern in einer beruflichen Pause und Klinik wird durch die Zustellung der monatlich erscheinenden Mitarbeiterzeitung, Einladungen zum jährlichen Betriebsausflug und zu den Mitarbeiterversammlungen gefördert.

Projektbeurteilung

Rückblickend wirken sich die Arbeitszeitmodelle besonders positiv auf die Stellenauslastung aus und sind so ein gutes Marketing-Argument. An der St. Elisabeth Klinik sind 60 % des Ärztlichen Dienstes Frauen. Sie können auf diese Weise neben der Familie auch ihre berufliche Karriereplanung fortsetzen. Durch die auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmten Teilzeitmodelle arbeiten die Mitarbeiter motivierter und effizienter und weisen geringere krankheitsbedingte Fehlzeiten auf. Förderlich ist vor allem, dass gerade Frauen, die in Teilzeit arbeiten und zu Hause eine Familie haben, in Familie und Beruf von Haus aus gut strukturiert sind.

Als besonders gelungen zu betrachten sind die von Beginn an erfolgreiche Umsetzung der Konzepte und die mittlerweile hohe Akzeptanz. Genutzt werden die unterschiedlichen Teilzeitmodelle überwiegend in der Pflege. Besonders attraktiv sind dabei die Teilzeitstellen für Mütter, die nach der Elternzeit wieder in den Beruf einsteigen wollen. Auf die Frage, was sie rückblickend anders machen würde, antwortet die Geschäftsleitung der Klinik: „Von Anfang an in den Teams für Verständnis werben und zeigen, dass es funktioniert, wenn man gut organisiert ist, und in der Öffentlichkeit dafür werben.“ Mittlerweile arbeiten in der Pflege mehr Teilzeitbeschäftige als Vollzeitbeschäftigte. Da die Nachfrage derzeit eher Richtung Vollzeitbeschäftigung tendiert, insbesondere bei jungen Pflegekräften nach dem Ausbildungsabschluss, können diese Fachkräfte oftmals nicht für das Krankenhaus gewonnen werden. Als Folge dessen macht sich ein steigender Altersdurchschnitt bemerkbar.

Name des Krankenhauses
AnschriftHelios St. Elisabeth-Klinikum Hünfeld
Schillerstraße 22
36088 Hünfeld
KlinikleitungGeschäftsführerin
Sandra Henek
Sandra.henek@helios-kliniken.de

Ärztliche Leiterin
Dr. med. Gabriele Petsch

Pflegedienstleitung
Dominik Teich

Akademisches Lehrkrankenhaus für Pflege der Hochschule Fulda
Webseitewww.helios-kliniken.de/huenfeld
Ansprechpartner der MaßnahmeDominik Teich
Tel.: 06652 / 987-9225
dominik.teich@helios-kliniken.de
Struktur- und Leistungsdaten – Kennzahlen 2008
Anzahl der vollstationären Planbetten158
Anzahl der Ärztinnen/Ärzte (VK)30 (18 Frauen)
Anzahl der Gesundheits- und KrankenpflegerInnen (VK)89
Projektmotivation/-vorbereitung

Ausgangslage

  • Nachwuchsprobleme in der Pflege und im ärztlichen Dienst
  • Anstieg der weiblichen Mitarbeiter am Klinikum; Anstieg des Frauenanteils im ärztlichen Dienst auf ca. 60 %
  • geringes Kontingent an Kindergartenplätzen im regionalen Umfeld
  • bereits vereinzelte Umsetzung von Teilzeitmodellen auf individuelle Anfragen
  • verstärkte Anfrage/verstärkter Wunsch nach Teilzeitarbeit bei den MitarbeiterInnen

Planungen im Vorfeld

  • Überzeugungsarbeit bei Vorgesetzten und KollegInnen
  • Entwurf von Organisationskonzepten der betrieblichen Abläufe: Planung des Schichtdienstes, der Patienteneinbestellung, Sprechstundenzeiten, OP-Belegung, Diagnostikmaßnahmen
  • Langfristige Dienstplanung: 2 Monate im Voraus
  • Langfristige Urlaubsplanung

An der Planung beteiligte Berufsgruppen/Personen

  • Personalleitung
  • Geschäftsführerin
  • Ärztliche Leitung

Externe Projektförderung

Nein

Projektumsetzung

Ziele

  • Wiedereingliederung nach Krankheit, Elternzeit, Berufspause
  • Mitarbeiterakquirierung
  • Marketing
  • Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit
  • Langfristige Mitarbeiterbindung

Zielgruppe

  • Junge Familien aller Berufsgruppen
  • MitarbeiterInnen, die Angehörige pflegen

Elementare Bestandteile

  • Unterschiedliche Teilzeitkonzepte (je nach Bedarf der MitarbeiterInnen)
  • Kooperation mit Einrichtungen der Kinderbetreuung
  • Spezielle Angebote zum beruflichen Wiedereinstieg
  • Teilnahmeangebot an Fort- und Weiterbildung während der Berufspause
  • Kontakthalten durch monatliche Mitarbeiterzeitung, Teilnahme am Betriebsausflug, Teilnahme an jährlich 2-3 maligen Mitarbeiterversammlungen
  • Monatl. 100 € Betreuungszuschuss bei Aufnahme der Arbeit während der Elternzeit

Verfahren

  • MitarbeiterInnen äußern Wünsche und Bedarfe (z.B. bei Bewerbungsgespräch, regelmäßigen Mitarbeitergesprächen mit Vorgesetzten)

Verlauf einer Arbeitsreduktion

  • Entwicklung eines Teilzeitmodells mit der beteiligten Person und der Abteilungsleitung
  • Entwicklung von Ideen und Lösungen zur Kompensation der "fehlenden" Arbeitszeit
  • Entscheidung wird auf Teamebene gefällt

Anfängliche Akzeptanz

war ganz unterschiedlich

Projektverlauf

Modelle mit Personalabteilung erarbeitet und berechnet, dann Anwendung in Praxis

Projektdauer

Anwendung in Praxis seit 2006

Projektgruppe

Geschäftsführer, Ärztlicher Leiter, Personalleiter

Projektbeurteilung
IST-AnalyseNicht gezielt
Evaluation der MaßnahmeNein
EvaluationsergebnisseMitarbeiterbefragung bei Helios (jedes 2. Jahr). Statistische Untersuchung von Ausfall-, Krankheitsdaten (steht noch aus)
Zielerreichungsgrad

Übernahme der Maßnahme in die Regelversorgung

  • keine Pilotisierung, sofortige Umsetzung

Rückblickend besonders erfolgreich/gelungen

  • Teilzeitmodelle überwiegend in der Pflege genutzt
  • Teilzeitstellen besonders attraktiv für Mütter, die nach der Elternzeit wieder in den Beruf einsteigen wollen

Rückblickend erfolglos/nicht gelungen

  • Mittlerweile im Bereich der Pflege mehr Teilzeitbeschäftigte als Vollzeitbeschäftigte obwohl die Nachfrage derzeit tendenziell eher Richtung Vollzeitbeschäftigung geht.
  • Gerade junge Pflegekräfte sind nach Abschluss der Ausbildung an Vollzeitarbeit interessiert. Diese können daher oftmals nicht für das Krankenhaus gewonnen werden. Als Folge dessen macht sich ein steigender Altersdurchschnitt bemerkbar.

Rückblickend anders machen

  • Frühzeitig in den Teams für Verständnis werben

Förderliche Faktoren

  • Frauen, die Teilzeit arbeiten und zu Hause noch eine Familie haben, sind in Familie und Beruf extrem gut organisiert und strukturiert
  • Teilzeitkräfte fallen am wenigsten wegen Krankheit aus
  • Modellübernahme im Konzern
  • Workshops auf Personalkongressen

Hemmende Faktoren

  • Organisatorische Herausforderung im ärztlichen Dienst
  • Teilweise zögerliche Akzeptanz der KollegInnen und ärztlichen Vorgesetzten
  • Unterstellung, dass mit diesen Konzepten Bedarf künstlich geweckt wird
Eingeführte Maßnahme
Größte AuswirkungStellenauslastung, Bewerberakquise erfolgreich
Größte Veränderung 
Publikation der Maßnahme
  • Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Krankenhaus, September 2009, S. 6 www.bmfsfj.de Vereinbarkeit im Krankenhaus (PDF 100kb)
  • HELIOS aktuell: Themenschwerpunkt Familie und Beruf 2009/83, S. 18-20