Traineeprogramm für „Berufsstarter“

Im Alfried Krupp Krankenhaus in Essen werden Berufsstarter in der Gesundheits- und Krankenpflege im Rahmen eines Traineeprogramms seit 2018 über das gesamte erste Berufsjahr hinweg durch erfahrene Mentoren begleitet.

Datum:

05.06.2020

Ort:

Alfried Krupp Krankenhaus in Essen

Interviewpartner:

Michaela Friedhoff, Pflegedienstleitung Prof. Dr. Angelika Zegelin, Pflegewissenschaftliche Expertise

Themenkategorie:

Lebensphasengerechtes Arbeiten in der Pflege

Maßnahme:

Traineeprogramm für „Berufsstarter“

Projektanlass
Unsicherheit und Überforderung aufgrund von enormer Verantwortung belasten viele neu ausgebildete Gesundheits- und Krankenpfleger beim Berufseinstieg. Deswegen wurde am Alfried Krupp Krankenhaus in Essen das Traineeprogramm „Berufsstarter“ eingeführt. Hier begleiten erfahrene Mentoren die Berufseinsteiger während ihres ersten Berufsjahres.

Projektumsetzung
Das Traineeprogramm „Berufsstarter“ am Alfried Krupp Krankenhaus in Essen erstreckt sich über ein Jahr und umfasst sieben gemeinsame dreistündige Treffen während der Arbeitszeit. Zu diesen Treffen bekommen die Teilnehmer eine Praxisaufgabe gestellt, die sie beim nächsten Treffen vorstellen müssen. Begleitet wird dieses Programm von der Pflegedienstleitung und den Bereichsleitungen aus dem Haus. Für den Praxisalltag bekommt jeder Berufsstarter eine Mentorin oder einen Mentor. Diese übernehmen die praktische Anleitung und Entwicklung. Den ersten Monat arbeiten Trainee und Mentor gemeinsam, sobald der Nachtdienst übernommen wird, legen beide individuell fest, wie gearbeitet wird. Jedoch werden die ersten zwei Nächte immer gemeinsam durchgeführt. Die Begleitung der Mentoren bleibt das ganze Jahr über bestehen und Mentees können weiterhin Fragen stellen. Nach sechs und sechzehn Wochen finden dann Entwicklungsgespräche statt und zum Ende der Probezeit nach 22 Wochen, führen sie ein weiteres Gespräch.

Zur Selbstreflexion sollen die Teilnehmenden vor Beginn des Programmes eine Motivationsbeschreibung formulieren, um ihre Stärken in der Pflege zu ermitteln. Drei Wochen nach dem Einstieg ist dann der erste Termin. Für das zweite Treffen wurde ein Fragebogen verwendet, dessen Antworten einen Einblick in die Gefühlswelt der Berufsstarter geben soll. Dadurch konnten Bewältigungsstrategien konzipiert werden. Zum Abschluss des Programms werden ein Interview, eine Vorstellung der persönlichen Veränderung und eine Fallvorstellung im Rahmen einer Stationsleitungssitzung durchgeführt.

Projektbeurteilung
Das Programm erhielt positive Resonanz von allen Beteiligten. Insbesondere bei den Berufsanfängern zeigte sich eine Stabilisierung der beruflichen Rolle. Die Eigenreflexion ihres Handelns verbesserte sich und sie lernten, ihren eigenen Förderbedarf besser zu formulieren – auch gegenüber anderen Berufsgruppen.

Nach dem ersten Lauf wurde das Programm noch einmal etwas angepasst, derzeit ist die zweite Gruppe von Berufsanfängern im Traineeprogramm. Zukünftig soll nach diesem Programm für die Berufsstarter noch ein weiteres Programm zur Entwicklung der Pflegepersonen aufgesetzt werden.

Name des Krankenhauses
AnschriftAlfried Krupp Krankenhaus (Steele)
Hellweg 100
45276 Essen

Alfried Krupp Krankenhaus (Rüttenscheid)
Alfried-Krupp-Straße 21
45131 Essen
KlinikleitungGeschäftsführung
Dr. med. Günther Flämig, Dr. Sabine Kisselbach

Ärztlicher Direktor
Prof. Dr. med.Thomas Budde

Pflegedirektor
Dr. rer. medic. Dirk Ashauer
Websitehttps://www.krupp-krankenhaus.de
Ansprechpartnerinnen der MaßnahmeMichaela Friedhoff
Pflegedienstleitung
michaela.friedhoff@krupp-krankenhaus.de

Prof. Dr. Angelika Zegelin
Pflegeexpertin
kontakt@angelika-zegelin.de
Struktur- und Leistungsdaten
 SteeleRüttenscheid
Anzahl der Betten in den Krankenhäusern320573
Ärztinnen/Ärzte insgesamt (außer Belegärzte)94257 Vollkräfte
Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen223495 Vollkräfte
Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-innen315 Vollkräfte
Altenpfleger/-innen9 Vollkräfte
Projektmotivation / -vorbereitung

Ausgangslage

  • Der Übergang vom Auszubildenden zum Verantwortlichen in der Pflege ist sehr schwer und häufig von Überforderung begleitet.
  • Junge Professionelle mit zu viel Verantwortung laufen Gefahr, zerrieben zu werden, brauchen eine positivere Berufseinmündung, mehr Begleitung durch Peers.
  • Es gibt wenig Traineeprogramme für grundständig 3-jährig Ausgebildete, nur für akademisierte Pflegekräfte.
  • Schaffung eines Programms für Einsteiger, in dem die Möglichkeit besteht, Professionalität und Selbstbewusstsein im Beruf zu entwickeln und offen über Ängste und Verantwortung zu sprechen. Berufsstarter sollen mit Freude lange im Beruf bleiben und den Arbeitgeber als attraktiven Arbeitgeber wahrnehmen.

Am Projekt beteiligte Berufsgruppen/Personen

    • Geschäftsführung
    • Pflegedirektion
    • Bereichsleitungen und Stationsleitungen Pflege

    Externe Projektförderung und Kooperationen

    • nein
    Projektumsetzung

    Anfangsziele

    • Gute Berufseinmündung für Pflegebeginner
      • Entwicklung von Sicherheit und stabiler professioneller Orientierung
      • Entwicklung von Selbstbewusstsein

    Eingeführte Maßnahmen

    • Das Konzept wurde mit Hilfe der pflegewissenschaftlichen Expertin erstellt und in der Praxis angepasst
    • Das Programm (13 Teilnehmer im ersten Jahr / 19 Teilnehmer im zweiten Jahr) dauert ein Jahr und wird von einer Pflegedienstleitung und einer Bereichsleitung aus dem Haus begleitet
    • Mentoren wurden gesucht und in Treffen auf Inhalte und Ziele des Programms vorbereitet
       
    • Inhalte des Programms:
       
      • Sieben gemeinsame dreistündige Treffen mit einem Mentor während der Arbeitszeit
      • Für jedes Treffen bekommen die Teilnehmenden eine Praxisaufgabe gestellt, die sie ausarbeiten und am darauffolgenden Treffen vorstellen müssen
      • Für dieses Treffen, das vom Trainee vor- oder nachbereitet werden muss, erhält jeder teilnehmende Trainee eine Freistellung von 7 Stunden
      • Für den Praxisalltag bekommt jeder Berufsstarter eine Mentorin / einen Mentor an die Seite gestellt
      • Die Mentoren übernehmen die praktische Anleitung und Entwicklung
      • In den ersten 4 Wochen arbeiten sie in den Tagschichten gemeinsam im 2er-Team, die ersten zwei Nächte werden ebenfalls gemeinsam durchgeführt. Den Zeitpunkt, ab dem auch Nachtdienste übernommen werden, legen die beiden individuell fest
      • Nach 6 bzw. 16 Wochen finden Entwicklungsgespräche statt, ggfs. zusammen mit der Stationsleitung; ein weiteres Gespräch zum Ende der Probezeit nach 22 Wochen
         
    • Themen der Treffen:
       
      • Was sind meine Stärken?
        • Reflexion und Rollenfindung als examinierte Pflegekraft
        • Formulierung von Sicherheit und Unsicherheit, insbesondere Formulierung von Lernbedarfen (Annahme im Team, Sicherheit, Unsicherheit, eigene Rolle, Erwartungen, eigene Kompetenzen und Förderbedarf)
           
      • Was waren Momente guter Pflege? Was kann meine Arbeitsstruktur zu guten Pflegemomenten beitragen? Welche Rolle spielt die Informationsweitergabe?
        • Information und Kommunikation mit Schwerpunkt auf Schnittstellenproblematiken
        • Hausaufgabe: z.B. Beschäftigung mit einem Fall: Wo bekomme ich spezifische Information her? Schwerpunkt z.B. zu Bewegungsmöglichkeiten für den Patienten
           
      • Welche Assessments werden auf meiner Station genutzt? Welche Maßnahmen leite ich aus welchen Informationsquellen ab?
        • Haben die verwendeten Assessments noch einen besonderen Wert bei der Patientenbetreuung
        • Thema z.B. Schmerzbetreuung
           
      • Was ist bei der Aufnahme eines Patienten wichtig (Fallvorstellung)?
        • Kurzdarstellung einer Patientenberatung
           
      • Welche Vorbereitungen sind für eine Entlassung wichtig (Fallvorstellung)?
         
      • Welches pflegerische Thema ist mir besonders wichtig und möchte ich auf der Station einführen? (Begründung des Themas!) Welche Ideen zur Umsetzung habe ich? Welchen Vorteil hat der Patient und/oder die Pflege durch die Veränderung und wie kann der Prozess gestaltet werden?
         
      • Fallverständnis: Darstellung eines Patientenfalls von der Aufnahme über die Ableitung der Maßnahmen bis zur Planung der Pflege. Aufgrund welcher Basis wurden die Maßnahmen abgeleitet? Welche Berufsgruppen müssen noch einbezogen werden? Welche Rolle übernimmt die Pflege im interdisziplinären Team, insbesondere bei den Visiten?
        • Vorstellung vor Pflegedirektion, Mentoren, Bereichsleitungen und Stationsleitungen
    Projektbeurteilung

    Maßnahmen zur Evaluation / Evaluationsergebnisse

    • Nach dem ersten Lauf (13 Teilnehmer) wurde das Konzept neu angepasst.
    • Mentoren:
      • Wichtig ist, noch mehr im Vorfeld auf die Mentoren einzugehen, Programminhalte noch mehr in die Mentorentreffen aufzunehmen und das Kommittent zu überprüfen (Anzahl der Gespräche mit Mentee wird kontrolliert.
    • Teilnehmer:
      • Die Begleitung zeigt sich als Stabilisierung der beruflichen Rolle.
      • Die Eigenreflexion des Handelns verbessert sich, eigener Förderbedarf kann besser formuliert werden (Was brauche ich z.B. von den Ärzten, um für die Patienten besser sorgen zu können?).
      • Selbstbewusstsein ist gestiegen: Bedingungen in der Pflege werden nicht einfach akzeptiert, sondern es wird proaktiv gehandelt.
    • Zukünftig ist geplant, dass es nach diesem Programm ein Entwicklungsprogramm für Pflegepersonen geben soll.