Einführung eines nachhaltigen betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM)

Eingebettet in einen ausführlichen Strategieprozess der Geschäftsführung und der oberen Leitungsebene hat sich das Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie AdöR in Klingenmünster entschlossen, ein nachhaltiges betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) einzuführen.

Datum:

14.06.2012, Aktualisierung 31.12.2014

Ort:

Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie AdöR, Klingenmünster

Interviewpartner:

Birgit Fuchs, Einrichtungsleiterin der Einrichtung „Betreuen – Fördern – Wohnen“

Themenkategorie:

„Lebensphasengerechtes Arbeiten in der Pflege“

Maßnahme:

Einführung eines nachhaltigen betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM)

Projektanlass
2007 wurde in Zusammenarbeit mit der Technischen Beratungsstelle Rheinland-Pfalz im Rahmen des Projektes „Demografiestabiles Pfalzklinikum“ eine umfangreiche Altersstrukturanalyse durchgeführt. Aufgrund des demografischen Wandels werden 2018 im Pfalzklinikum mindestens 50 % der Belegschaft über 50 Jahre alt sein, die über 60-Jährigen werden mit ungefähr 10 % vertreten sein (bisher mit ca. 0,1 %). Der Vorstand entschloss sich daraufhin, zwei Prozesse zu starten. Der Prozess „Lernen lernen“ wurde Bottom-up angestoßen, die Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements wurde top down begonnen.

Das Pfalzklinikum, auf 13 Standorte verteilt, ist ein Verbund von sehr unterschiedlichen Einrichtungen. Dazu gehören u. a. die stationäre Akutpsychiatrie, Tagesstätten und ambulant betreute Wohnangebote. Da sich die Einrichtungen teilweise stark unterscheiden, sollte ein flexibles betriebliches Gesundheitsmanagement entwickelt werden, welches auf die einrichtungsspezifischen und teamspezifischen Gegebenheiten eingehen kann. Aus dem Projekt „Lernen lernen“ erwuchs die Erkenntnis, dass es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besonders wichtig ist, im Team vor Ort zu lernen. Für das BGM bedeutet dies, einen Ansatz zu entwickeln, der der Vielfalt im Team Rechnung trägt und nicht nur die Gruppe 50+ umfasst.
Jenseits des Teamansatzes ist die Möglichkeit zu individueller Fortbildung weiterhin gegeben.

Projektumsetzung
Zur Entwicklung von Strukturen zum gewünschten Lernen im Team, wurden in einem ersten Schritt in allen Einrichtungen BGM-Beauftragte ernannt. Je nach Größe der Einrichtung variiert die Anzahl der BGM-Beauftragten bisher zwischen zwei und drei Personen. Die Funktion der BGM-Beauftragten wird von Personen „der Basis“ übernommen. Zur besseren Akzeptanz und aufgrund der internen Kenntnis von Problemstellungen wurden bewusst keine Führungskräfte für diese Aufgabe ausgewählt. Diese ca. 20 BGM-Beauftragten bilden eine eigene Fachgruppe, welche von der Mitarbeiterin für das Gesundheitsmanagement geleitet wird. Die Fachgruppe bildet den Rahmen, innerhalb dessen die BGM-Beauftragten ihre Rolle und Aufgaben reflektieren und weiterentwickeln können. Zielsetzung ist, dass die BGM-Beauftragten nach einer gezielten Qualifizierung in den einzelnen Bereichen Gesundheitszirkel leiten. In den Gesundheitszirkeln soll nach dem salutogenetischen Ansatz gearbeitet werden, Arbeitsprozesse sollen reflektiert und Einflussmöglichkeiten eruiert werden. Beim Kampagnenstart im Mai 2012 wurden ca. 550 Mitarbeiter in kleinen Veranstaltungen in den einzelnen Einrichtungen über das BGM informiert. Im Rahmen eines vom Europäischen Sozialfonds geförderten Projekts werden die BGM-Beauftragte, Führungskräfte und Mitarbeiter zu Themen der Gesundheitsförderung weitergebildet.

Projektbeurteilung
Die Rückmeldungen der Beteiligten (BGM-Beauftragte, Mitarbeiter, Führungskräfte) sind breit gefächert. Die Ersteinschätzung reicht von Zuversicht und der Bereitschaft, sich auf den Prozess einzulassen über Angst vor Überforderung bis hin zu Zweifeln, ob über diesen Weg tatsächlich nachhaltige Veränderungen erreicht werden können. Es fanden sich schnell Mitarbeiter für die Aufgabe der BGM-Beauftragten. Eingebettet in einen übergreifenden Strategieprozess der Geschäftsführung wird der BGM-Prozess von der oberen Führungsebene unterstützt. Das Konzept der nachhaltigen Implementierung des BGM ist momentan noch nicht evaluiert. Sein Erfolg hängt von der Beteiligungsquote sowie von der Erarbeitung gesundheitsförderlicher Strukturen ab. Der Kampagnenstart war insofern sehr erfolgreich, als dass ca. 550 Mitarbeiter bei Informationsveranstaltungen erreicht wurden. Mittlerweile wurden mehr als 100 Führungskräfte sowie weitere 400 Mitarbeiter in Gesundheitszirkeln geschult. Das Projekt der „Zukunftsfähigkeit der Arbeit am Pfalzklinikum“ ist an allen 13 Standorten des Klinikums in ein festimplementiertes Gesundheitsmanagement übergegangen. Die Evaluation der nachhaltigen Implementierung des BGM wird im Rahmen der Förderung „SyWiK in der Pfalz“ Anfang des Jahres 2015 erfolgen.

Name des Krankenhauses
AnschriftPfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie AdöR
Weinstraße 100
76889 Klingenmünster
KlinikleitungVerwaltungsratsvorsitzender:
Theo Wieder

Geschäftsführer:
Paul Bomke
AnsprechpartnerIn der MaßnahmeBirgit Fuchs
Tel.: 0 63 49 / 900-4501
infobfw@pfalzklinikum.de
Struktur- und Leistungsdaten - Kennzahlen
Zahl der vollstationären Planbetten1.008
Anzahl der ärztlichen MitarbeiterInnen97,2
Anzahl der Gesundheits- und KrankenpflegerInnen Gesamt492
Anzahl der Gesundheits- und KinderkrankenpflegerInnen0
Projektmotivation/-vorbereitung

Ausgangslage

  • Aufgrund des demografischen Wandels werden 2018 im Pfalzklinikum mindestens 50% der Belegschaft über 50 Jahre alt sein, die über 60-Jährigen werden mit ungefähr 10% vertreten sein, bisher vertreten mit ca. 0,1%.

Planungen im Vorfeld

  • gemeinsamer Strategieprozess der Geschäftsführung und der oberen Führungsebene

an der Planung beteiligte Berufsgruppen/Personen

  • Vorstand

Externe Projektförderung

  • Über den Europäischen Sozialfonds (ESF) wurde ein Projektantrag zur Unterstützung von Weiterbildungsmaßnahmen für den Zeitraum von 2012-2014 genehmigt. Diese Weiterbildungen sind Teil des betrieblichen Gesundheitsmanagements.
Projektumsetzung

Ziele

  • Nachhaltige Implementierung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements

Zielgruppe

  • Alle MitarbeiterInnen der verschiedenen Einrichtungen des Pfalzklinikums

Elementare Konzeptbestandteile

  • Gesundheitszirkel
  • Diversity-Ansatz
  • Teamlernen

Teilprojekte

  • „Lernen lernen“ - ein Prozess, in dem bottom up in Workshops, Lerncafés etc. herausgearbeitet wurde, was den MitarbeiterInnen beim Thema Lernen besonders wichtig ist. Im Rahmen des ESF–Projektes: Weiterbildung der BGM-Beauftragten (8 Tage über zwei Jahre; Inhalte: Moderation von Gruppen, Konflikte in Gruppen, Salutogenese, Empowerment)
  • Schulung zum Thema Coping-Strategien für 320 MitarbeiterInnen
  • Schulung für die komplette mittlere Führungsebene zum Thema BGM
  • Einrichtung von bereichsspezifischen multidisziplinären Gesundheitszirkeln, in denen Maßnahmen ausschließlich von MitarbeiterInnen entwickelt werden, unter der Moderation von BGM- Beauftragten. Die Maßnahmen aus den Gesundheitszirkeln lenken die Mitarbeiterverantwortung auch auf andere Arbeitsprozesse.

Verfahren

Implementierung von BGM- Beauftragten in jeder Einrichtung, die teamspezifische Gesundheitszirkel leiten. In den Gesundheitszirkeln werden passgenau Maßnahmen entwickelt. Neben dem Teamansatz ist individuelle Fortbildung weiterhin möglich.

anfängliche Akzeptanz

Die Führungskräfte hatten anfangs die Sorge der Überforderung. Die Reaktionen der BGM-Beauftragten waren einerseits geprägt von Zuversicht und andererseits der Überzeugung, dass es zur erfolgreichen Umsetzung der Unterstützung durch die Einrichtungsleitung bedarf. Von den MitarbeiterInnen kamen sowohl positive wie negative Rückmeldungen.

Projektverlauf 

  • Aufbau von Strukturen: Benennung von BGM-Beauftragten; BGM-Beauftragte bilden eine Fachgruppe, die sich zweimal im Jahr trifft, Themen: Entwicklung von Strukturen für BGM, Rollenfindung als BGM-Beauftragte, Rahmen der Reflektion/Begleitung.
  • Kampagnenstart ab Mai 2012: Insgesamt 40 Informationsveranstaltungen für die MitarbeiterInnen, in denen die jeweiligen BGM-Beauftragten vorgestellt und Informationsstand, Erwartungen und Befürchtungen geklärt wurden. Im ersten Halbjahr 2013 erste Gesundheitszirkel in den einzelnen Bereichen.
  • Schulung von mehr als 100 Führungskräften sowie weiteren 400 MitarbeiterInnen in Gruppenseminaren
  • Einrichtung bereichsspezifischer multidisziplinärer Gesundheitszirkel, in denen MitarbeiterInnen Maßnahmen entwickeln
  • Einrichtung eines festimplementierten Gesundheitsmanagements an allen 13 Standorten des Klinikums

Projektdauer

  • ESF-Projekt 2012 bis 2014
  • Gesamtprojekt wurde in Regelstrukturen überführt

Projektgruppe

  • Vorstandsmitglied
  • Mitarbeiterin für das Gesundheitsmanagement
  • Personalabteilung
  • Innerbetriebliche Bildung
  • Arbeitssicherheitsausschuss
  • Personalvertretung
Projektbeurteilung

Ausgangsanalyse 

  • 2007 wurden im Rahmen des Projektes „Demografiestabiles Pfalzklinikum“ verschiedene Analysen durchgeführt:
    • Aufgrund von Daten aus der Personalabteilung wurden unterschiedliche Altersszenarien entwickelt.
    • Im Haus vorhandene Führungs- und Personalentwicklungsinstrumente wurden auf ihr Veränderungspotenzial hin untersucht und einer qualitativen Bewertung unterzogen.
    • In drei kleinen, belasteten Bereichen wurden Arbeitsbewältigungscoachings durchgeführt.
  • Beim Projekt „Lernen lernen“ wurden von den MitarbeiterInnen Konzepte entwickelt, wie sie lernen wollen, nämlich: Lernen im Team vor Ort.

Evaluationsergebnisse 

  • Evaluation wird nach Ende der Förderphase durchgeführt (Q1 2015).
  • In Informationsveranstaltungen wurden 550 MitarbeiterInnen erreicht

Übernahme der Maßnahmen in die Regelversorgung

  • Verantwortlichkeiten wurden bestimmt und Strukturen geschaffen, die in den Betriebsalltag integriert wurden.

rückblickend besonders erfolgreich/gelungen

  • Konzept der nachhaltigen Implementierung
  • gute Ausgangsanalyse
  • Projekt „Lernen lernen“ als Basis für die Entwicklung
  • Hohe Mitarbeiterbeteiligung, insbesondere über angebotene Maßnahmen

förderliche Faktoren

  • Strategieprozess der Geschäftsführung mit der oberen Führungsebene