Altersgerechtes Personalmanagement
Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden entschied sich bei dem Projekt „Altersgerechtes Personalmanagement“ aktiv mitzuarbeiten, um sich dem dringlichen Thema demografischer Wandel zu stellen, nachdem die Küpper Sozialforschung 2010 an die Klinik herangetreten war. Die aktive Beteiligung der Zielgruppe, weibliche Mitarbeiter ab einem Alter von 50 Jahren („50+“), war Bestandteil des Projekts.
16.04.2012, Aktualisierung 31.12.2014
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Dr. Thomas Hurlebaus, Leiter Geschäftsbereich Personal Frau Meyer, Gleichstellungsbeauftragte Frau Stroh, stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte Frau Herklotz, Personalabteilung
„Lebensphasengerechtes Arbeiten in der Pflege“
Altersgerechtes Personalmanagement: Weibliche Beschäftigte 50+ in belastungsintensiven Berufen
Projektanlass
Der prozentuale Zuwachs älterer Beschäftigter ist in den neuen Bundesländern besonders hoch. Sachsen hat den zweithöchsten Altersdurchschnitt aller Bundesländer. Um die Bereitschaft und Fähigkeit älterer Mitarbeiterinnen zu erhöhen, bis zum Rentenalter erwerbsfähig zu bleiben, beteiligte sich das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden an einem mehrschichtigen Projekt, das nicht nur die Zielgruppe 50+ mit Maßnahmen zur Gesundheitsförderung oder Qualifizierung direkt anspricht, sondern auch die Leitungsebenen für die Frage altersgerechter Arbeitsbedingungen sensibilisiert.
Projektumsetzung
Im ersten Schritt wurde eine Steuerungsgruppe aus Vertretern der Personalabteilung, der Pflegedienstleitung, der Weiterbildungsstätte, des Betriebsärztlichen Dienstes und der Gleichstellungsbeauftragten gebildet. Das Projekt wurde maßgeblich durch den Vorstand des Universitätsklinikums sowie durch den Personalrat unterstützt und gefördert. Zu Beginn des Projekts wurde eine Altersstrukturanalyse erstellt, eine Ausgangsanalyse eruierte die schon bestehenden gesundheitsfördernden Angebote. Anhand dieser Erkenntnisse entwickelte die Steuerungsgruppe erste gezielte Maßnahmen, wie z. B. Maßnahmen zur Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen für diese Thematik und zum Ausbau gesundheitsfördernder Konzepte. Gesundheitsförderung wurde in einem umfassenden Sinn verstanden. Neben klassischen Angeboten (Nordic Walking, Wirbelsäulengymnastik, Ernährungsseminare etc.) wurde auch die Dienstplangestaltung, die Unternehmenskultur und das intergenerationelle Wissensmanagement als Teil der Gesundheitsförderung interpretiert.
Der teilpartizipative Ansatz des Projekts sah vor, weiterführende Maßnahmen in Arbeitsgruppen zu erarbeiten. Hierfür wurden nun die Mitarbeiter 50+ in das Projekt einbezogen: Im Mai 2011 wurde eine Ideenwerkstatt veranstaltet, bei der von den Beteiligten Ideen entwickelt wurden, die sich teilweise mit denen der Steuerungsgruppe deckten und teilweise neu waren. Aus dem Ideenpool wurden einzelne Vorschläge ausgewählt und direkt umgesetzt, andere mit Mitarbeitern 50+ in berufsgruppen- und hierarchieübergreifenden Arbeitsgruppen weiterverfolgt. Themen der Arbeitsgruppen waren: Altersgerechte Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote, Altersgerechte MitarbeiterInnengespräche, Arbeitsklima und Unternehmenskultur und gesundheitsfördernde Arbeitszeit- und Dienstplangestaltung. Bei einer Abschlussveranstaltung wurden die Ergebnisse den Mitarbeitern präsentiert.
Projektbeurteilung
Das Gesamtprojekt wurde gut von den Mitarbeiten angenommen, jedoch war die Beteiligung der Mitarbeiter 50+ nicht so rege wie erwartet. Anfangs beteiligten sich ca. 35 Frauen an den Arbeitsgruppen, gegen Ende erhöhte sich die Zahl. Verschiedene Ideen sind schon in der Umsetzung. Dazu gehören zusätzliche Angebote im klinikumseigenen Gesundheitszentrum oder spezifische Qualifizierungsangebote. Der intergenerationelle Erfahrungsaustausch mittels eines Mentoringprogramms konnte nicht erfolgreich umgesetzt werden. Eventuell hätte dieses Programm einer besonderen klinikumsinternen Begleitung bedurft.
Die Mitarbeiterinnen, die sich in den Arbeitsgruppen engagierten, erlebten einen persönlichen Gewinn. Sie wurden ernst genommen, gehört und fassten mit der Zeit Mut, ihre Sichtweisen einzubringen.
Zu einer Abschlussveranstaltung wurden Mitarbeiterinnen eingeladen, die bisher nicht in die Arbeitsgruppen involviert waren, sie fungierten als Kontrollgruppe bei der Überprüfung des Bekanntheitsgrades des gesamten Projekts. In Gruppengesprächen wurde das Projekt reflektiert. Es stellte sich heraus, dass der Bekanntheitsgrad der umgesetzten Maßnahmen auch in der Kontrollgruppe hoch war.
Zusammenfassend zeigte sich, dass es einer Vielzahl von Maßnahmen bedarf, um ein altersgerechtes Personalmanagement zu entwickeln und zu etablieren. Der teilpartizipative Ansatz erwies sich als sehr fruchtbar. Eine systematische Evaluation steht noch aus.
Die Maßnahmen wurden im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) des Klinikums weiterentwickelt. Zeitgleich haben Gespräche im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) bei leistungsgewandelten MitarbeiterInnen zu erfolgreicher Umsetzung auf neue, geeignete Arbeitsplätze geführt. Insgesamt hat das BEM zu einer positiven Entwicklung der Mitarbeiterbindung geführt.
Anschrift | Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden Fetscherstraße 74 01307 Dresden | |
Klinikleitung |
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Ansprechpartner der Maßnahme | Dr. Thomas Hurlebaus, Leiter Geschäftsbereich Personal Tel.: (0351) 458 2822 bianca.benjak@uniklinikum-dresden.de (Sekretariat) |
Zahl der vollstationären Planbetten | 1.255 |
Anzahl der ärztlichen MitarbeiterInnen | 719,4 |
Anzahl der Gesundheits- und KrankenpflegerInnen Gesamt | 1.083,8 |
Anzahl der Gesundheits- und KinderkrankenpflegerInnen | 230,1 |
Ausgangslage
- Bundesland Sachsen: Zweithöchster Altersdurchschnitt aller Bundesländer: 45,4 Jahre
- Zahl der Älteren steigt hier schneller
- Erwerbspersonenpotenzial sinkt rasanter
- zu erwarten ist Steigerung der Patientenfälle bis 2020 um rund 8%
- Klinikum: Prognose zeigt, dass Anzahl der MitarbeiterInnen zwischen35 und 39 drastisch sinken wird, es wird zukünftig vor allem von jungem und älterem Personal gepflegt
- Der Anteil der Beschäftigten in der Altersgruppe 50 bis 54 verdoppelt sich nahezu
An der Planung beteiligte Berufsgruppen/Personen
- ProjektträgerIn: Unternehmensberatung Küpper Sozialforschung & Consulting GmbH
- Beteiligte Unternehmen: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Elblandkliniken Meißen, Oberlausitz-Kliniken, Städtisches Klinikum Görlitz, Weißerritztal-Kliniken
Externe Projektförderung
- Europäische Union; Bundesministerium für Arbeit und Soziales; Europäischer Sozialfonds für Deutschland; Gleichstellen, Bundesinitiative für Frauen in der Wirtschaft.
Ziele
- Erhaltung altersgemischter Teams
- Befähigung der MitarbeiterInnen, ihre belastungsintensive Arbeit bis zum Rentenantritt physisch nachgehen zu können und mental zu wollen
Zielgruppe
- Mitarbeiterinnen 50+
Elementare Konzeptbestandteile
- Verbindung zwischen Arbeitgeberattraktivität, Mitarbeiterbindung, Mitarbeiterentwicklung, Mitarbeitermotivation, Unternehmenskultur und Gesundheitsförderung: Zunahme der Berücksichtigung und Nutzung der Kompetenzen und Erfahrungen der (weiblichen) Beschäftigten 50+
- Etablierung altersbezogener Instrumente der Personalentwicklung
- Entwicklung innovativer Instrumente zur Wissensvermittlung und – erweiterung
- Förderung des beruflichen Selbstmanagements
- Ermöglichung eines lebenslangen Lernens
- Stärkung betrieblicher Handlungskompetenzen
Verfahren
In verschiedenen Aktionsfeldern werden einzelne Teilprojekte angestoßen:
Sensibilisierungsmaßnahmen: Infoveranstaltung, Ideenwerkstatt mit Mitarbeiterinnen 50+, Gewinnung von MultiplikatorInnen.
Erfahrungstransfers: Einführung eines bereichsspezifischen Mentorings in der Med.Klinik; Peer Assisted Learning in den Bereichen Labor und Radiologie, Wissensgemeinschaften. Beim Teilprojekt des intergenerationellen Wissensmanagements wird über ein Mentoringsystem das Wissen älterer Mitarbeiterinnen wertgeschätzt und gezielt an Jüngere weitergegeben.
Arbeitsplatzbedingungen: Entscheidungsträger erhalten die für ihren Arbeitsbereich spezifische Kennzahlen. Identifizierung von Arbeitsinseln, in denen besonders viele ältere (weibliche) Beschäftigte arbeiten. Teilprojekte in diesem Bereich: Altersgerechte Restrukturierung von Stationen; Altersgemischte Teams; Lebensarbeitszeitkonten.
Im Aktionsfeld Gesundheitsförderung wurden mit dem klinikumseigenes Gesundheitszentrum, Carus Vital gezielte Angebote entwickelt: Ermittlung der Angebotsnutzung im Erweiterung um spezifische Angebote für Frauen 50+, Identifizierung von Veränderungsmöglichkeiten, um Angebot für Zielgruppe attraktiver zu gestalten: bessere Anpassung an Schichtzeiten, verstärkte Darstellung von Frauen 50+ auf Imagebroschüren, Anpassung der Musikauswahl.
In vier verschiedenen Arbeitsgruppen mit Mitarbeiterinnen (hierarchie- und berufsgruppenübergreifend) wurden Vorschläge für weiterführende Maßnahmen entwickelt:
Arbeitsgruppe „Älter werden und motiviert arbeiten“: Altersgerechte Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote (vor allem im EDV-Bereich) → PC-Grundkurse und Ergänzungskurse 50+ → Altersgerechte Anpassung der Rahmenbedingungen von Weiterbildungsmaßnahmen → Themen-, Kurs- und Vortragsangebote für Frauen 50+
Arbeitsgruppe „Älter werden und motiviert arbeiten“: Altersgerechte Mitarbeitergespräche → Anpassung des Gesprächsbogens „Jährliches Mitarbeitergespräch“
Arbeitsgruppe „ Älter werden und motiviert arbeiten“: Arbeitsklima und Unternehmenskultur → Wertschätzende Umgangsformen (Intranet): Überarbeitung und Bekanntmachung → Kommunikations- und Moderationstraining für Führungskräfte → Stärkere Präsenz der Leitungen an der Basis (Medizin-technischer Dienst, Physiotherapie)
Arbeitsgruppe „ Älter werden und motiviert arbeiten“: Gesundheitsfördernde Arbeitszeit- und Dienstplangestaltung → Schulung der Dienstplanverantwortlichen → Stellenwert Pause erhöhen → Bereitschaftsdienste 2 x 12 Stunden → Ausdifferenzierung der Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit.
Anfängliche Akzeptanz
k.A.
Projektverlauf
Bildung einer Steuerungsgruppe – Durchführung einer Altersstrukturanalyse – Informationsveranstaltung für den Personalrat (Multiplikatoren) – Ideenwerkstatt – Entwicklung eines konzeptionellen Gerüsts für Teilprojekte durch Projektsteuerungsgruppe - Bildung von Arbeitsgruppen mit Mitarbeiterinnen 50+ - Entscheidungsträger identifizieren mit Unterstützung externer BeraterInnen Maßnahmen, welche erprobt, evaluiert und ggf. etabliert werden.
Projektdauer
- Oktober 2010 bis März 2012
Projektgruppe
- VertreterInnen der Geschäftsbereiche Personal
- Pflege, Service und Dokumentation
- Gleichstellungsbeauftragte
- Carus-Akademie
- Betriebsärztlicher Dienst
- Projektkoordination war bei Gleichstellungsbeauftragten und Personalabteilung angesiedelt
Ausgangsanalyse
- Durchführung einer bereichs- und berufsgruppenbezogenen Altersstrukturanalyse inklusive einer Prognose der Entwicklung (Fluktuation und Übernahme Auszubildender) mit dem Ergebnis, stationsspezifische Aussagen machen zu können.
Evaluation der Maßnahme
- Bekanntheitsgrad wurde bei einer Abschlussveranstaltung mittels einer Kontrollgruppe beurteilt.
Evaluationsergebnisse
- Die gesundheitsfördernden Angebote der klinikumseigenen Gesundheitszentrum kommen gut an und haben einen hohen Bekanntheitsgrad
Zielerreichungsgrad
- Die Ziele wurden größtenteils erreicht.
- Sensibilisierung der Führungskräfte als fortlaufender Prozess
- Weiterentwicklung der Maßnahmen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM)
- Gespräche im Rahmen den betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) führten bei leistungsgewandelten MitarbeiterInnen zu erfolgreicher Umsetzung auf neue, geeignete Arbeitsplätze.
- Weiterhin hat das BEM zu einer positiven Entwicklung der Mitarbeiterbindung geführt.
Übernahme der Maßnahmen in die Regelversorgung
- Im Bereich der Gesundheitsförderung und der Qualifizierungsangebote wurden Maßnahmen direkt umgesetzt.
rückblickend besonders erfolgreich/gelungen
- Teilpartizipativer Ansatz: die besten Ideen kamen von den Mitarbeiterinnen selbst
- Kultur der Interaktion wurde angestoßen.
- Maßnahmen in Carus-Vital wurden zeitnah umgesetzt.
- Koordinierende Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten war sehr gelungen.
- Qualifiziertere Besetzung der Stellen hat positiven Einfluss auf Patientenzufriedenheit und Qualität der Versorgung.
rückblickend erfolglos/nicht gelungen
- Die Maßnahmen im Aktionsfeld Erfahrungstransfer konnten nicht erfolgreich umgesetzt werden.
rückblickend anders machen
- Die Maßnahmen im Aktionsfeld Erfahrungstransfer wurden von externen BeraterInnen begleitet. Hier wäre es sinnvoll gewesen, eine zusätzliche kliniksinterne Begleitung bereit zu stellen.
förderliche Faktoren
- Klinikvorstand war dem Projekt immer positiv gegenüber eingestellt, Personalrat wurde eingebunden, unterstützte das Projekt.
Eingeführte Maßnahme
größte Auswirkung
- Es wurden vor allem im Bereich der Qualifizierung und des Gesundheitszentrums Maßnahmen konkret umgesetzt. Projekt hat Signalwirkung für den Umgang mit MitarbeiterInnen 50+ auch bei den Führungskräften.
Weitere Publikation der Maßnahme
- Bothur, Hurlebaus, Küpper (2012): Die Alten sind gefragt in Führung und Verantwortung 1/2012, Seite 34 - 37