Lebensphasengerechtes Arbeiten in der Pflege

Im Städtischen Klinikum Karlsruhe wurde das bisher bundesweit einmalige Projekt „Lebensphasengerechtes Arbeiten im Pflegedienst – LAP©“ initiiert. Kern des Projekts sind Verbesserung und Erhalt der Arbeitsfähigkeit als Voraussetzung für ein berufslebenslanges Arbeiten im Pflegedienst sowie die Anhebung der Attraktivität der Pflegeberufe, um motivierte und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen.

Datum:

04.03.2011

Ort:

Städtisches Klinikum Karlsruhe gGmbH

Interviewpartner:

Josef Hug, Pflegedirektor

Themenkategorie:

„Lebensphasengerechtes Arbeiten in der Pflege“

Maßnahme:

Lebensphasengerechtes Arbeiten in der Pflege

Projektanlass
Angesichts des demografischen Wandels in Deutschland kommt es prospektiv zu einer veränderten Altersstruktur. Zeitgleich wird dies Auswirkung auf den berufslebenslangen Verbleib von ArbeitnehmerInnen in der Arbeitswelt nach sich ziehen. Dies hat konkrete Konsequenzen für den Pflegedienst.
Die Effekte der demografischen Entwicklung werden auf das Städtische Klinikum in der Zukunft in mehrerer Hinsicht Auswirkungen haben. So werden der medizinische Fortschritt und die insgesamt steigende Lebenserwartung sowohl die Fallzahl wie auch die Fallschwere beeinflussen. Im Rahmen der kontinuierlichen Personalgewinnung und Personalerhaltung sowie der im Pflege- und Funktionsdienst im hohem Maße vorhandenen Personalentwicklungsmaßnahmen wird eine ständige Analyse der Gesamtpersonalplanung durchgeführt. Die Zahl der Mitarbeiter, insbesondere im medizinischen Bereich (Ärzte und Pflegekräfte), wird voraussichtlich zunehmen. Dem steht gegenüber, dass die Anzahl der zur Verfügung stehenden Nachwuchskräfte im Ärztlichen Dienst und im Pflegedienst begrenzt ist.

Projektumsetzung
Ausgehend von der demografischen Entwicklung, die die Patienten und die Mitarbeiter betrifft, und von der aktuellen Diskussion über die Gesundheitsberufe und die Situation im Krankenhaus, ist es dem Städtischen Klinikum Karlsruhe ein zentrales Anliegen, insbesondere für Pflegekräfte berufliche Perspektiven über einen gesamten Lebenszeitraum zu entwickeln.
Um die Zahl der Mitarbeiter in der Zukunft zu halten, sind in allen beruflichen Lebensphasen Maßnahmen notwendig, um berufliche, private und persönliche Perspektiven in Einklang zu bringen. Hierzu ist es notwendig, dass man sich nicht nur mit der Problematik älter werdender Mitarbeiter (im Alter von über 50 Jahren) beschäftigt, sondern die gesamte berufliche Lebensperspektive betrachtet.
Die Zeitspanne eines beruflichen Lebens im Pflegedienst reicht heute von 17 bis 67 Jahren. Diese gesamte Zeitspanne wird im Städtischen Klinikum in fünf Lebensphasen von je einer Dekade unterteilt. Unter diesem Fokus werden Schwerpunkte bezüglich der beruflichen und persönlichen Entwicklung lebensphasengerecht bearbeitet.
Vom Einstieg in die Ausbildung bis zur Zielerreichung und Überleitungsphase in den Ruhestand wird eine durch aktives Handeln von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite berufliche Entwicklung projektiert und permanent an die gesetzlichen, ökonomischen und medizinischen Rahmenbedingungen angepasst.
Das entsprechende Projekt „Lebensphasengerechtes Arbeiten im Pflegedienst“ wurde in einer zentralen Informationsveranstaltung, an der 350 Pflegekräfte teilnahmen, vorgestellt.
Für jede der fünf unterschiedenen Lebensphasen wurde ein Workshop mit Pflegekräften in der entsprechenden Altersgruppe durchgeführt. Themen dieser Workshops waren die physische und psychische Leistungsfähigkeit, die Arbeitsplatzgestaltung, die Aufgaben des Städtischen Klinikums Karlsruhe sowie eigene Initiativen der Mitarbeiter.
Die Auswertung der Workshops zeigt Gemeinsamkeiten in der Arbeitsbelastung und in der Beurteilung der Arbeitsplatzgestaltung, aber auch signifikante Unterschiede. Insofern sind lebensphasengerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen.
In einer Mitarbeiterbefragung können alle Mitarbeiter des Pflegedienstes ihre Vorstellungen äußern.
Weitere Schwerpunkte des Projekts sind u. a. die weitere Verbesserung der Arbeitszeit- bzw. Kernzeitregelungen, die Verbesserung des Arbeitsklimas, der Nutzen des betrieblichen Gesundheitsmanagements oder die Entwicklung von Stationspartnerschaften und -patenschaften zur Rotation und ein dauerhafter Arbeitsplatzwechsel sowie eine Individualberatung mit persönlicher Zielsetzung ab einem Alter von 47 bzw. 57 Jahren.
Zu jedem dieser Schwerpunkte wurden Arbeitsgruppen gebildet, die das Thema vertiefen und altersgruppenspezifische Lösungsmöglichkeiten erarbeiten sollen.

Projektbeurteilung
Es konnten für jede der Altersgruppen spezifische Probleme herausgearbeitet werden. Deutlich wurde aber auch, welche altersgruppenübergreifenden Belastungen existieren. Insofern wurde den Führungskräften verdeutlicht, dass für jede Lebensphase unter Umständen andere Dinge wichtig sind und sie entsprechend darauf zu reagieren haben.

Name des Krankenhauses
AnschriftStädtisches Klinikum Karlsruhe
Moltkestraße 90
76133 Karlsruhe
KlinikleitungGeschäftsführung
Prof. Dr. Martin Hansis
Tel.: 0721974 / 1001

Dipl.-Kaufmann Ulrich Meier
Tel.: 0721974 / 1030
Fax: 0721974 / 1009
Geschaeftsfuehrung@klinikum-karlsruhe.de
Webseitewww.klinikum-karlsruhe.de/
Ansprechpartner der MaßnahmeGeschäftsbereich Pflegedirektion
Pflegedirektor, Prokurist
Josef Hug
Moltkestraße 90
76133 Karlsruhe
Haus A
Tel.: 0721974 / 1020
Fax: 0721974 / 1019
Josef.Hug@klinikum-karlsruhe.de
Struktur- und Leistungsdaten – Kennzahlen 2010 (Vollkraftanteile)
Planbetten1.541
Patienten stationär65.152
Ärztinnen/Ärzte insgesamt (außer Belegärztinnen/Belegärzte)505
davon Fachärztinnen/Fachärzte264
Belegärztinnen/Belegärzte (nach § 121 SGB V)0
Ärztinnen/Ärzte, die keiner Fachabteilung zugeordnet sind4
Gesundheits- und KrankenpflegerInnen1.067
Gesundheits- und KinderkrankenpflegerInnen240
AltenpflegerInnen8
PflegeassistentInnen0
KrankenpflegerInnen29
Hebammen/Entbindungshelfer34
Operationstechnische Assistenz9
PflegehelferInnen39
Projektmotivation/-vorbereitung

Ausgangslage

  • Die Effekte der demographischen Entwicklung werden auf das Städtische Klinikum in der Zukunft in mehrerer Hinsicht Auswirkungen haben:
    • Der medizinische Fortschritt und die insgesamt steigende Lebenserwartung werden sowohl die Fallzahl wie auch die Fallschwere beeinflussen.
    • Die Zahl der MitarbeiterInnen, insbesondere im medizinischen Bereich (Ärztinnen/Ärzte und Pflegekräfte), wird voraussichtlich zunehmen.
    • Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Nachwuchskräfte in o.g. Berufen ist begrenzt. 
  • Im Rahmen der kontinuierlichen Personalgewinnung und Personalerhaltung sowie der im Pflege- und Funktionsdienst in hohem Maße vorhandenen Personalentwicklungsmaßnahmen wird eine ständige Analyse der Gesamtpersonalplanung durchgeführt.

Am Projekt beteiligte Berufsgruppen/Personen

  • Pflegedirektion, Pflegedienstleitungen der Stationen, Stationsleitungen, Betriebsrat, Geschäftsbereich Personal, Betriebsärztlicher Dienst, Arbeitssicherheit, Gleichstellungsbeauftragte, Studierende Pflegemanagement (Bachelorthesis)

Externe Projektförderung und Kooperationen

Unfallkasse Baden-Württemberg
Fachhochschule Esslingen

Projektumsetzung

Ziele

  • Die Zeitspanne eines beruflichen Lebens im Pflegedienst reicht heute von 17 bis 67 Jahren. Diese gesamte Zeitspanne wird im Städtischen Klinikum in fünf Lebensphasen von je einer Dekade unterteilt. Unter diesem Fokus werden Schwerpunkte bezüglich der beruflichen und persönlichen Entwicklung lebensphasengerecht bearbeitet.
  • Vom Einstieg in die Ausbildung bis zur Zielerreichung und Überleitungsphase in den Ruhestand wird eine durch aktives Handeln von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite berufliche Entwicklung projektiert und permanent an die gesetzlichen, ökonomischen und medizinischen Rahmenbedingungen angepasst.
  • LAP© berücksichtigt unter Beachtung der individuellen physischen und psychischen Leistungsfähigkeit alle relevanten psycho-sozialen Faktoren und Entwicklungen sowie die persönlichen Ziele des Einzelnen, die auf eine dauerhafte berufliche Perspektive im Pflegedienst ausgerichtet sind.

Projektdauer

  • seit 2010
Projektbeurteilung

Rückblickend besonders erfolgreich/gelungen

Es konnten für jede der Altersgruppen spezifische Probleme herausgearbeitet werden. Deutlich wurden aber auch, welche altersgruppenübergreifende Belastungen existieren.

Eingeführte Maßnahme

Es zeigen sich Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede in den diskutierten Punkten. Insofern sind lebensphasengerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen.

  • Das Projekt wurde in einer zentralen Informationsveranstaltung, an der 350 Pflegekräfte teilnahmen, vorgestellt.
  • Es wurden getrennte Workshops für jede der fünf unterschiedenen Lebensphasen durchgeführt. In diesen Workshops wurden thematisiert:
    • die physische Leistungsfähigkeit
    • die psychische Leistungsfähigkeit
    • die Arbeitsplatzgestaltung
    • die Aufgaben des Städtischen Klinikums Karlsruhe
    • eigene Initiativen der MitarbeiterInnen.
  • Richtungsweisend für die physische und psychische Leistungsfähigkeit in den verschiedenen Altersphasen sowie für darüber hinausgehende Bedürfnisse der Pflegenden und damit für das Projekt ist eine 2010 durchgeführte anonymisierte Mitarbeiterbefragung, die sich mit dieser zentralen Fragestellung beschäftigt. Die Unfallkasse Baden-Württemberg als Kooperationspartner des LAP©-Projekts führte diese Befragung mittels des Copenhagen Psychosocial Questionnaire-Fragebogens (COPSOQ) durch. Hierbei handelt es sich um ein Screening-Instrument zur Erfassung psychischer Belastungen und Beanspruchungen im beruflichen Umfeld in Bezug auf Arbeitsanforderung, persönliche Einflussnahme, Regelungen und Abläufe am Arbeitsplatz sowie das Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben. Die Beteiligung lag bei ca. 57% (1.019 MitarbeiterInnen).
  •  Weitere Schwerpunkte des Projekts sind:
    • Weitere Verbesserung der Arbeitszeitregelungen/Kernzeitregelungen
    • Weitere Verbesserung des Arbeitsklimas
    • Nutzen des betrieblichen Gesundheitsmanagements
    • Verstärkung der Prävention
    • Fortlaufende Qualifikationsmaßnahmen
    • Entwicklung eines statistischen Grundgerüstes
    • Entwicklung von Stationspartner und -patenschaften zur Rotation und einen dauerhaften Arbeitsplatzwechsel
    • Individualberatung mit persönlicher Zielsetzung ab 47+ und 57+
    • Fortlaufende Bereitstellung und Analyse der Literatur und von Veröffentlichungen
    • Darstellung beruflicher Biographien auf freiwilliger Basis

Zu jedem dieser Schwerpunkte wurden Arbeitsgruppen mit fester Gruppenstruktur gebildet, die das Thema vertiefen und Lösungsmöglichkeiten erarbeiten sollen. Die Gruppenstruktur besteht in der Regel aus zwei bis drei Pflegedienstleitungen und mindestens sechs bis sieben Stations- und Funktionsbereichsleitungen des Klinikums.
Prospektiv wird dieses Konzept in die Praxis zu implementieren, jährlich zu evaluieren und bei Bedarf anzupassen sein. Alle Pflegedienstleitungen des Hauses sind nach offizieller Verabschiedung und Freigabe der Maßnahmen zentral verantwortlich für die Erarbeitung und Umsetzung der konzeptionellen Ziele.