Digitale Patientenkurve

Die Nutzung der digitalen Patientenkurve im St. Josefs-Hospital Wiesbaden und im Otto-Fricke-Krankenhaus Paulinenberg spart Pflegefachpersonen, Ärzt:innen und Therapeut:innen viel Zeit und führt zu einer verbesserten Patientenversorgung.

Datum:

13.03.2022

Ort:

St. Josefs-Hospital Wiesbaden und Otto-Fricke-Krankenhaus Paulinenberg

Interviewpartner:

Katharina Neufurth, Karl Kwiatkowski

Themenkategorie:

Neue Arbeitsteilung und Prozessgestaltung

Maßnahme:

Digitale Patientenkurve

Projektanlass
Dokumentation und Kommunikation über die Dokumentation innerhalb und zwischen Pflegefachpersonen, Ärzt:innen und Therapeut:innen nimmt im Krankenhausalltag viel Zeit ein. Darüber hinaus können bei der Dokumentation auf Papier schnell Übertragungsfehler passieren. Nicht jedoch im St. Josefs-Hospital Wiesbaden und im Otto-Fricke-Krankenhaus Paulinenberg, denn in beiden Häusern wird seit 2021 bzw. 2015 digital mittels der digitalen Patientenkurve dokumentiert.

Projektumsetzung
Zunächst wurde die digitale Patientenkurve mit ORBIS optisch nach dem Vorbild der bestehenden papierbasierten Patientenkurve erstellt, damit sich niemand zusätzlich zu der digitalen Handhabung noch an ein neues Design gewöhnen musste. In der digitalen Patientenkurve sind Vorbefunde, Laborbefunde und Vitalwerte der Patient:innen abgebildet. Die Vitalwerte werden in beiden Häusern mithilfe digitaler Messstationen erfasst, durch die die Patientendaten automatisch in die digitale Patientenkurve übertragen werden. Auch die Anordnung der Medikamente ist im Otto-Fricke-Krankenhaus bereits über das Tool Medikationsmanager möglich. Ausgewählte Key User haben in beiden Häusern interne Schulungen zum Umgang mit den digitalen Tools für weitere Kolleg:innen durchgeführt.

Projektbeurteilung
Durch die Einführung der digitalen Patientenkurve wird das Personal im Krankenhaus und insbesondere das Pflegefachpersonal entlastet. Die digitale Dokumentation spart ausschließlich im Otto-Fricke-Krankenhaus Zeit äquivalent zu 3,8 Vollkraftstellen im Pflegebereich ein. Zusätzlich werden Übertragungsfehler vollständig vermieden. So wird auch die Patientenversorgung durch die digitale Patientenkurve nachhaltig verbessert, da die gewonnene Zeit für die direkte Versorgung der Patient:innen zur Verfügung steht. Darüber hinaus erleichtert die digitale Patientenkurve die Kommunikation zwischen Pflegefachpersonal, Ärztlichem Dienst und therapeutischem Personal.

Name des Krankenhauses
AnschriftSt. Josefs-Hospital Wiesbaden
Beethovenstraße 20
65189 Wiesbaden
Klinikleitung

Geschäftsführer: Martin Bosch, Thomas Reckmeyer

Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. med. Marcus Richter

Pflegedienstleiter: Arne Evers

AnschriftOtto-Fricke-Krankenhaus Paulinenberg
Martha-von-Opel-Weg 34
65307 Bad Schwalbach
Klinikleitung

Geschäftsführer: Thomas Reckmeyer

Ärztlicher Direktor: Dr. med. Jascha Wiechelt

Pflegedienstleiter: Karl Kwiatkowski

Website

https://www.joho.de/

https://www.otto-fricke-krankenhaus.de/

Ansprechpartner:in der Maßnahme

Katharina Neufurth, Stationsleitung, Gesundheits- und Krankenpflegerin,
kneufurth@joho.de

Karl Kwiatkowski, Pflegedienstleiter,
karl.kwiatkowski@otto-fricke-krankenhaus.de

Struktur- und Leistungsdaten
 St. Josefs-Hopital WiesbadenOtto-Fricke-Krankenhaus Paulinenberg
Anzahl der Betten im gesamten Krankenhaus:502 Betten18 Betten
Ärzt:innen insgesamt (außer Belegärzte):249 Vollkräfte2 Vollkräfte
Pflegepersonal  
Gesundheits- und Krankenpfleger:innen:386 Vollkräfte8 Vollkräfte
Altenpfleger:innen:11 Vollkräfte2 Vollkräfte
Projektmotivation / -vorbereitung

Ausgangslage

  • Das Otto-Fricke-Krankenhaus Paulinenberg hat sich zum Ziel gesetzt, die Versorgung der Patient:innen mithilfe einer digitalen Lösung zu verbessern. Im Jahr 2015 wurde dort mit der Entwicklung der digitalen Patientenkurve begonnen und diese sukzessive auf allen Stationen eingeführt.
  • Im St. Josefs-Hospital Wiesbaden wurde die digitale Patientenkurve nach dem Vorbild des Otto-Fricke-Krankenhauses im Jahr 2021 auf einer ausgewählten Station (Station 47, Kardiologie) eingeführt.

Planungen im Vorfeld

  • Digitalisierung der Patientenkurve:
    • Die Patientenkurve wurde mit dem ORBIS-System digitalisiert, dabei wurde das Design der analogen Patientenkurve übernommen (z. B. Farbgebung, Gestaltung).
    • An der Digitalisierung der Patientenkurve waren im Otto-Fricke-Krankenhaus Paulinenberg der Chefarzt, die Pflegedienstleitung und die Leitung der Therapeuten beteiligt und im St. Josefs-Hospital Wiesbaden waren der Chefarzt der Kardiologie, die Pflegedienstleitung sowie die IT-Abteilung involviert.
  • Anschaffungen:
    • Zunächst wurde im St. Josefs-Hospital Wiesbaden das WLAN im Haus ausgebaut. Dazu mussten z. B. einige WLAN-Repeater angeschafft und installiert werden.
    • Es wurden in beiden Häusern neue Visitenwagen mit Spot-Monitoren, zusätzliche Computer, Laptops und Tablets für die Stationen angeschafft.
  • Organisation der Umsetzung:
    • In beiden Häusern haben ausgewählte Key User aller beteiligten Berufsgruppen den Umgang mit der digitalen Patientenkurve direkt erlernt und ihre Kolleg:innen und Mitarbeiter:innen anschließend geschult.

Am Projekt beteiligte Berufsgruppen/Personen

  • Geschäftsführung (Kostenzusage)
  • Pflegedienstleiter, Ärztlicher Direktor, Chefarzt, IT-Abteilung, Therapeuten

Externe Projektförderung und Kooperationen

  • Keine externe Projektförderung
Projektumsetzung

Ziele

  • Entlastung der beteiligten Berufsgruppen - insbesondere Pflege - vom Dokumentationsaufwand;
  • verbesserte Patientenversorgung durch Zeiteinsparungen bei der Dokumentation;
  • Ermöglichung von gleichzeitiger, berufsübergreifender und fehlerfreier Dokumenta­tion;
  • vereinfachte Kommunikationinnerhalb und zwischen den Berufsgruppen im Krankenhaus.

Eingeführte Maßnahmen

  • In beiden Häusern wurden neue Visitenwagen mit Spot-Monitoren, zusätzliche Computer, Laptops und Tablets für die Stationen angeschafft.
  • Im Otto-Fricke-Krankenhaus wurde die digitale Patientenkurve flächendeckend und im St. Josefs-Hospital bisher auf einer Station zur Entlastung des Pflegefachpersonals eingeführt.
    • Die Dokumentation während der Visite kann direkt in das ORBIS-System eingegeben werden.
    • Vor- oder Laborbefunde der Patient:innen werden automatisch im System gespeichert.
    • Die Vitalwerte der Patient:innen werden mithilfe digitaler Messstationen erfasst, indem die Pflegefachpersonen die Patient:innen über ihre Armbänder scannen. Dabei werden Messwerte wie Blutdruck und Temperatur der Patient:innen ermittelt und zeitgleich automatisch in die digitale Patientenkurve übertragen.
    • Zusätzlich können Werte (z. B. Blutdruckwerte) auch manuell in die digitale Kurve eingegeben werden.
    • Paralleles Arbeiten, z. B. von pflegerischem und ärztlichem Personal wird ermöglicht, denn die digitale Patientenkurve kann gleichzeitig auf unterschiedlichen Geräten (PC, Laptop) bearbeitet werden.
    • Die gespeicherten Eingaben und Aktualisierungen in der digitalen Kurve werden während des gesamten Aufenthalts der Patient:innen bzw. dauerhaft gespeichert, die Kurve muss nicht nach 7 Tagen neu geschrieben werden.
    • Im St. Josefs-Hospital werden alle zwei Stunden pdf-Sicherungskopien der digitalen Dokumentation auf dem Stations-PC gezogen. Zeitgleich wird die digitale Patientenkurve mit allen Daten auch im digitalen Archiv gespeichert.
  • Stellen von Medikamenten:
    • Im Otto-Fricke-Krankenhaus wurde die Verblisterung durch eine Apotheke eingeführt. Durch die Einführung der Medikamentenblisterung müssen Pflegefachpersonen die Tabletten für Patient:innen nicht mehr täglich neu stellen. Die Informationen zu den Medikamenten sind in der digitalen Patientenkurve abgebildet.
    • Im St. Josefs-Hospital wurde ein digitaler Medikationsplan eingeführt. Die ärztlichen Anordnungen werden in die digitale Patientenkurve eingefügt. Vorteile sind, dass keine Übertragungsfehler auftreten und dass im ORBIS-System immer ein digitaler Beipackzettel hinterlegt ist und das Pflegefachpersonal die Wirkstoffe nachsehen kann.
  • In beiden Häusern haben ausgewählte Key User den Umgang mit der digitalen Patientenkurve direkt erlernt und ihre Kolleg:innen und Mitarbeiter:innen anschließend geschult.

Auswirkungen der Neuerungen auf die Berufsgruppen und das Klinikum

  • Das Personal des Pflegedienstes und des Ärztlichen Dienstes hat mehr Zeit für die Patientenversorgung durch den verringerten Koordinierungsaufwand für die Dokumentation.
  • Die Kommunikation innerhalb und zwischen den Berufsgruppen ist einfacher, da Patienteninformationen jederzeit und an jedem Ort aufgerufen werden können.
  • Erweiterte Aufgabenbereiche für Key User durch interne Schulungen, ansonsten erlernen Mitarbeitende den Umgang mit der digitalen Patientenkurve im Rahmen der Einarbeitung.

Übernahme in die Regelversorgung

  • Übernahme in Regelversorgung
Projektbeurteilung
  • Eine Evaluation des Einsatzes der digitalen Patientenkurve im Otto-Fricke-Krankenhaus hat gezeigt, dass das Pflegefachpersonal durch die Einführung der digitalen Patientenkurve enorm entlastet wird und eine Zeitersparnis äquivalent zu 3,8 Vollkraftstellen erreicht wird.
  • Mitarbeitende sind mit dem Einsatz der digitalen Patientenkurve laut der Pflegedienstleitung des Otto-Fricke-Krankenhauses und der Stationsleiterin der Kardiologie des St. Josefs-Hospitals in beiden Häusern sehr zufrieden.
  • Patient:innen nehmen dagegen die Arbeit mit der digitalen Patientenkurve bzw. den veränderten Visitenwagen kaum wahr.
  • Alle angestrebten Ziele wurden erreicht.

Rückblickend als besonders erfolgreich betrachtet

  • Problemlose Umstellung von der analogen auf die digitale Patientenkurve in beiden Häusern durch gute Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung und durch die Begeisterung sämtlicher Mitarbeitenden.
  • Zeitersparnis und Entlastung für das Pflegefachpersonal.
     

Rückblickend als weniger erfolgreich betrachtet

  • Verzögerungen bei der Implementierung der digitalen Patientenkurve im St. Josefs-Hospital durch Lieferschwierigkeiten der Visitenwagen.
     

Laufende Maßnahmen

  • Im Otto-Fricke-Krankenhaus wird die digitale Wunddokumentation zeitnah nach einer Testphase eingeführt.
  • Im St. Josefs-Hospital wird die digitale Patientenkurve ab Mai 2023 sukzessive im 2- bis 3-Wochen-Rhythmus auf 6 weiteren Stationen des Westflügels des Hauses eingeführt. Nach dem Umzug der restlichen Stationen des Hauses in den Westflügel wird die digitale Patientenkurve im gesamten Haus eingeführt. Der Umzug dauert ca. bis Ende 2024.
  • In beiden Häusern soll zudem ein digitales Archiv etabliert werden, das bis 2017 zurückgeht.