„Casting“ für Stationsleitungen

Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf hat eine Potenzialanalyse entwickelt zur Identifikation von Mitarbeitern für die strategische und operative Personalentwicklung.

Datum:

15.11.2016

Ort:

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Interviewpartner:

Joachim Prölß, Direktor für Patienten- und Pflegemanagement

Themenkategorie:

„Neue Arbeitsteilung und Prozessgestaltung“

Maßnahme:

„Casting“ für Stationsleitungen – Potenzialanalyse zur strategischen Personalentwicklung

Projektanlass
Im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) mit den Tochterunternehmen (u.a. Universitäres Herzzentrum und Martiniklinik) wurde ein Weg gesucht, um frühzeitig individuelle fachliche und/oder führungsbezogene Potenziale bei vorhandenen Mitarbeitern zu erkennen. Zur Identifikation solcher Talente wurde eine Potenzialanalyse entwickelt. Zugang zu dem Verfahren wird den Mitarbeitern über zwei verschiedene Wege ermöglicht: entweder werden die Kandidaten von ihren Vorgesetzten für die Potenzialanalyse vorgeschlagen oder die Mitarbeiter melden sich selbstmotiviert zur Evaluation. Dabei werden ihnen Entwicklungsmöglichkeiten sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung angeboten.

Projektumsetzung
Verantwortlich durchgeführt werden die Potenzialanalysen von der Stellvertreterin des Direktors für Patienten- und Pflegemanagement gemeinsam mit der Abteilungsleiterin Ausbildung der UKE-Akademie für Bildung und Karriere. Somit wird in der Beurteilung der Kandidaten gleichzeitig die praktische und wissenschaftlich-fachliche Ebene abgedeckt.

Die Methodik der Analyse ist bausteinartig zusammengesetzt und besteht beispielsweise aus Einzelinterviews der Mitarbeiter, Gruppenarbeit, einer Selbsteinschätzung, einem schriftlichen Test sowie einer vom Mitarbeiter zu haltenden Präsentation über sich selbst. Derzeit wird daran gearbeitet, das Verfahren um einen psychologischen Test zu erweitern, welcher die personale Kompetenz der zu bewertenden Mitarbeiter messen soll.

Die Mitarbeiter erhalten direkt im Anschluss an die Testung eine erste Rückmeldung über die Ergebnisse. Eine ausführliche Rückmeldung erfolgt zusätzlich später unter Anwesenheit des direkten Vorgesetzten. Die herangezogenen Bewertungskriterien enthalten u.a. das Fachwissen der Mitarbeiter, ihre Kommunikationsfähigkeit, ihre Authentizität sowie ihre Methodenkompetenz. Zusammen mit der Rückmeldung wird dem Mitarbeiter ein Entwicklungsplan vorgestellt.

Die meisten Entwicklungsplanungen, die seit der Einführung der Potenzialanalysen ausgearbeitet wurden, fördern die Führungspotenziale der Mitarbeiter. Dazu bietet die UKE-Akademie für Bildung und Karriere einen einjährigen Qualifikationskurs zur Leitung einer Station an. Zeigt die Potenzialanalyse jedoch eher eine fachliche Profilausrichtung des Mitarbeiters an, bietet die UKE-Akademie für Bildung und Karriere auch hierfür verschiedene Qualifizierungsmaßnahmen. Darüber hinaus werden individuell bei Fach- und Führungskarrieren auch akademische Laufbahnen durch das UKE gefördert.

Projektbeurteilung
Seit Einführung der Potenzialanalysen sind die Führungspositionen im Pflege- und Funktionsdienst im UKE immer besetzt, so dass es nie lange Vakanzen bei freiwerdenden Stellen gibt. Offene Positionen können stets direkt intern besetzt werden. Insgesamt wurden bereits 165 Bewertungen von Mitarbeitern durchgeführt. 70 Teilnehmer haben anschließend den Leitungskurs absolviert bzw. stehen derzeit kurz vor dem Abschluss. Fast alle Absolventen der Leitungskurse haben bereits Leitungsaufgaben bekommen, ein Teil der Mitarbeiter wird erst ab März Leitungsaufgaben übernehmen, nach Abschluss des Leitungskurses.

Dem UKE gelang auf diese Weise einen Weg zur Entdeckung und Entwicklung hochtalentierter Mitarbeiter zu etablieren. Dies wurde auch honoriert durch wiederholte Auszeichnungen von pflegerischen Leitungen durch den Bundesverband Pflegemanagement mit dem Pflegemanagement-Award in 2013 (3. Platz), 2014 (3. Platz) und 2015 (1. Platz).

Name des Krankenhauses
AnschriftUniversitätsklinikum Hamburg-Eppendorf(UKE)
(incl. Tochterunternehmen u.a. Universitäres Herzzentrum und Martiniklinik)
Martinistraße 52
20251 Hamburg
KlinikleitungÄrztlicher Direktor, Vorstandsvorsitzender
Prof. Dr. Burkhard Göke

Dekan
Prof. Dr. Dr. Uwe Koch-Gromus

Direktor für Patienten- und Pflegemanagement
Joachim Prölß

Kaufmännischer Direktor
Rainer Schoppik
Websitewww.uke.de
Ansprechpartner der MaßnahmeJoachim Prölß, Direktor für Patienten- und Pflegemanagement
Telefon: +49 (0) 40 7410 - 54738
E-Mail: ij.proelss@uke.de
Struktur- und Leistungsdaten
Anzahl der Betten im gesamten Krankenhaus
Anzahl Betten
1.900
Fallzahlen des Krankenhauses
Vollstationäre Fallzahl
93.400
Ärztinnen/Ärzte insgesamt (außer Belegärzte)2471 Mitarbeiter
Gesundheits- und (Kinder)Krankenpfleger/-innen3160 Mitarbeiter
Projektmotivation/-vorbereitung

Ausgangslage

  • Strategische und operative Personalentwicklung war im UKE ein Thema
  • Es wurde ein Weg gesucht, um vorhandene Mitarbeiter mit Potenzialen zu erkennen
  • Zur Identifikation von Talenten wurde eine Potenzialanalyse entwickelt
  • Zugang zur Potenzialanalyse erfolgt über zwei mögliche Wege
    • Kandidaten werden entweder von ihren Vorgesetzten für die Potenzialanalyse vorgeschlagen oder
    • Mitarbeiter melden sich eigenständig zur Potenzialanalyse

Planungen im Vorfeld

  • Es wurde eine Projektgruppe gebildet, welche ein strukturiertes Konzept für die inhaltlichen Kriterien der Analyse erarbeitet hat

Am Projekt beteiligte Berufsgruppen/Personen

  • Direktor für Patienten- und Pflegemanagement, Stellvertretung des Direktors für Patienten- und Pflegemanagement, Geschäftsführer sowie Abteilungsleitung Ausbildung der UKE-Akademie für Bildung und Karriere

Externe Projektförderung und Kooperationen

  • Nein
Projektumsetzung

Ziele

  • Frühzeitige Erkennung von individuellen fachlichen und/oder führungsbezogenen Potenzialen bei Mitarbeitern
  • Möglichkeit für Mitarbeiter, sich in horizontaler und vertikaler Richtung zu entwickeln
  • Führungskräftenachwuchs „aus den eignen Reihen“ entdecken und entwickeln

Projektdauer

  • Seit 2013
Eingeführte Maßnahmen
  • Durchführung von Potenzialanalysen bei Mitarbeitern zur strategischen Personalentwicklung sowie vorrangige Besetzung von Führungspositionen in der Pflege mit eigenen Mitarbeitern
  • Die Durchführung einer Potenzialanalyse dauert pro Mitarbeiter ca. einen halben Tag
  • Die Methodik der Analyse ist bausteinartig zusammengesetzt und besteht aus Einzelinterviews der Mitarbeiter, Gruppenarbeit, einer Selbsteinschätzung, einem schriftlichen Test (Abfrage von Fach- und erweitertem Wissen) sowie einer vom Mitarbeiter zu haltenden Präsentation über sich selbst (z.B. Motivation, Erfolge).
    • Die Güte des Verfahrens / das Verfahren wird ständig überprüft und weiterentwickelt:
    • Derzeit wird daran gearbeitet, das Verfahren um einen psychologischen Test zu erweitern, welcher die personale Kompetenz der Mitarbeiter messen soll
    • Verantwortlich für die Durchführung der Analysen sind die Stellvertretung des Direktors für Patienten- und Pflegemanagement sowie die stellvertretende Leitung der UKE-Akademie für Bildung und Karriere (Abdeckung von Praxis und Führungsebene sowie fachlicher-wissenschaftlicher Ebene)
    • Die Mitarbeiter erhalten direkt im Anschluss eine erste Rückmeldung von beiden Stellen
  • Eine ausführliche Rückmeldung erfolgt zusätzlich unter Anwesenheit des direkten Vorgesetzten
    • Die Bewertungskriterien enthalten z.B. das Fachwissen, die Kommunikationsfähigkeit, die Authentizität, die Methodenkompetenz
    • Zusammen mit der Rückmeldung wird ein Entwicklungsplan für den Mitarbeiter ausgearbeitet
    • Verantwortlich für die Umsetzung des Entwicklungsplans ist die Ebene der Zentrumsleitung
  • Die meisten Entwicklungsplanungen fördern die Führungspotenziale der Mitarbeiter
    • Dazu bietet die UKE-Akademie für Bildung und Karriere einen einjährigen Qualifikationskurs zur Leitung einer Station an (600 Stunden, mit Prüfung und staatlicher Anerkennung durch die Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz)
    • Auf Initiative der Mitarbeiter hin bietet das UKE seinen Pflegenden als Ergebnis einer Potenzialanalyse aber auch Unterstützung bei einschlägigen Studiengängen, z.B. Management, Gesundheitswissenschaften, Wirtschaftspsychologie (Freistellung / Übernahme von Studiengebühren). Derzeit befinden sich ca. 20 Pflegemitarbeiter im Studium.
    • Zusätzlich finanziert das UKE pro Jahr vier Stipendien für einen berufsbegleitenden Master in Advanced Nursing Practice (ANP)
  • Zeigt die Potenzialanalyse eher eine fachliche Profilausrichtung, bietet die UKE-Akademie für Bildung und Karriere verschiedene Qualifizierungsmaßnahmen für Fort- und Weiterbildungen an
    • Weiterbildungen zum/r FachkrankenpflegerIn (z.B. Intensivpflege, Psychiatrie, Onkologie, OP, Anästhesiepflege) unterstützt das UKE jedoch auch ohne Potenzialanalyse
Projektbeurteilung

Auswirkungen der Neuerungen auf die Berufsgruppen und das Klinikum

  • Aufgrund der Potenzialanalysen zur strategischen Personalentwicklung konnte das Leitungskonzept im UKE umgestellt und ein Stellvertretersystem aufgebaut werden. Die Organisation hat sich mit hoher Stabilität zu einem dichten Führungsnetz weiterentwickelt, durch das ein direkteres Arbeiten möglich ist.
Maßnahmen

Maßnahmen zur Evaluation / Evaluationsergebnisse

  • Seit Einführung der Potenzialanalysen wurden 165 Bewertungen durchgeführt
    • Davon haben 70 Teilnehmer danach den Leitungskurs absolviert bzw. stehen vor dem Abschluss.
    • Fast alle Absolventen haben bereits Leitungsaufgaben bekommen, ein Teil wird dann ab März Leitungsaufgaben übernehmen, nach Abschluss des Leitungskurses
  • Zufriedenheit mit den internen Kennzahlen: z.B. Überstunden, AU-Tage, Urlaubsplanung, Hygienecompliance, wirtschaftliche Faktoren, Fluktuationsraten.
Rückblickend

Rückblickend besonders erfolgreich/gelungen

  • Die Führungspositionen in der Pflege im UKE sind immer alle besetzt, es gibt nie lange Vakanzen. Die Positionen können direkt intern besetzt werden. Besetzung mit externen Kräften erfolgt sehr selten.
  • Entdeckung und Entwicklung hochtalentierter Mitarbeiter: Auszeichnungen von pflegerischen Leitungen durch den Bundesverband Pflegemanagement mit dem Pflegemanagement-Award in 2013 (3. Platz), 2014 (3. Platz) und 2015 (1. Platz)
  • Die Einführung einer Institution, die losgelöst von der direkten Führung Einfluss auf die Entwicklung der Mitarbeiter nimmt, erzeugte zunächst Misstrauen unter den Führungskräften. Durch die offene Kommunikation und das differenzierte und neutrale Analyseverfahren, konnte diese Umstellung der Personalentwicklung jedoch die Leitungskräfte überzeugen.

Rückblickend nicht gelungen

  • Die Potenzialanalyse ist immer nur eine Momentaufnahme
    • Aus diesem Grund ist der direkte Vorgesetzte bei der Ergebnisbesprechung anwesend. Falls es gegensätzliche Einschätzungen des Mitarbeiterpotenzials durch die Analyse und den Vorgesetzten gibt, wird ein Mitarbeiter u.U. aufgrund der Vorgesetzteneinstufung gefördert, trotz widersprüchlichem Ergebnis in der Potenzialanalyse.