Die „jukebox“ – neue Wege beim Pflege-Recruiting

Der soziodemografische Wandel hat große Auswirkungen auf das künftige Arbeitskräfteangebot für Krankenhäuser und erfordert eine neue Aufgabenteilung bei den patientennahen Berufsgruppen. Im Pflege- und Funktionsdienst führt dies kontinuierlich zur Erweiterung von Kompetenzen und beruflichen Perspektiven. Beispiele aus der Praxis zeigen, dass Modelle zur Aufgabenneuordnung die Versorgung im Krankenhaus verbessern und zugleich die Zufriedenheit des Personals erhöhen können.

Datum:

26.05.2020

Ort:

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Interviewpartner:

Joachim Prölß, Direktor für Patienten- und Pflegemanagement

Themenkategorie:

-

Maßnahme:

Die „jukebox“ – neue Wege beim Pflege-Recruiting

Projektanlass
Pflegende haben bei ihrer Jobsuche eine große Auswahl, so dass sie sich bei entsprechender Qualifikation für die Fachrichtung entscheiden können, die sie begeistert. Zusätzlich können sie auch viele Arbeitsbedingungen wählen, z.B. wie viel Routine sie wünschen, ob sie für Kinder oder Erwachsene arbeiten wollen, mehr pflegerisch oder technisch tätig sein wollen. Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) bietet mit über 100 Stationen eine große Auswahl an Einsatz- und Entfaltungsmöglichkeiten.

Um Bewerberinnen und Bewerbern im UKE genau das anbieten zu können, wonach sie suchen, wurde ein Matchingtool, die jukebox, für Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger entwickelt. Darin wurde allen Stationen die Möglichkeit gegeben, sich individuell, authentisch und eigenverantwortlich zu präsentieren. Durch die nachfolgende Abgabe der Kontrolle des anschließenden Bewerbungsprozesses an die Bereiche, wurden diesen zusätzlich besonderes Vertrauen und Wertschätzung ausgedrückt.                   

Projektumsetzung
Alle Stationen bzw. Bereiche des UKE haben auf einer Seite der jukebox einen Rahmen bekommen, in dem sie ihr Team und ihre Arbeit eigenverantwortlich und frei darstellen konnten. Mit Sprüchen, Texten, Versen, Fotos und Filmen werden den Interessenten Informationen über die zu versorgenden Patientinnen und Patienten, die Anzahl der Teammitglieder und Betten auf der Station sowie Einblicke in das Teamklima und die gemeinsamen (privaten) Aktivitäten gegeben. Mit der illustrierten und individuellen Gestaltung schafft das UKE eine eigene Welt für die Pflege und möchte damit insbesondere jüngere Pflegende für das UKE begeistern und gewinnen.

Um die Vorstellungen von Interessenten über ihren zukünftigen Arbeitsplatz mit dem Angebot des UKE zusammenzubringen, wurde ein Matching entwickelt. Dazu wurden 35 Fragen, die verschiedene Aspekte des Pflegeberufs abbilden, allen 3.000 Pflegekräften vorgelegt, welche sie auf Passung zu ihrer eigenen Station beantwortet haben.

Interessierte Kandidatinnen und Kandidaten können entweder direkt auf den Stationsseiten „stöbern“ oder ebenfalls die 35 Fragen beantworten. Sie erhalten dann eine Top 10-Liste der Stationen und Bereiche, die am besten zu ihren Vorstellungen passen. Steht die Ampel auf einer Station auf „grün“, ist dort eine Stelle vakant. Anschließend können Bewerberinnen und Bewerber ganz unkompliziert direkt telefonisch oder per Mail Kontakt zur Stationsleitung aufnehmen und sich zur Hospitation oder Vorstellung verabreden sowie auch unmittelbar eine Bewerbung übermitteln.

Hat eine Hospitation oder ein Personalauswahlgespräch auf der Station erfolgreich stattgefunden, wird ggf. die Zentrumsleitung eingebunden und die Bewerbung der Kandidatin oder des Kandidaten an das Recruiting-Team übergeben. Die Station stellt im Anschluss in einem schlanken Prozess einen Antrag auf Einstellung der betreffenden Person, welche die Personalabteilung in einem rein administrativen, standardisierten Prozess durchführt.

Projektbeurteilung
Unmittelbar nach dem Startschuss für die jukebox im März 2019, besuchten rund 1.000 Interessenten wöchentlich die Website. Inzwischen liegen die Besucherzahlen mit den entsprechenden Kommunikations- und Werbemaßnahmen bei mehr als 3.000 Interessierten pro Woche.  Externe Bewerberinnen und Bewerber, aber auch interne Pflegende haben über die jukebox seitdem erfolgreich auf den Stationen hospitiert und eine passende Stelle gefunden. Insgesamt stellt sich dadurch die Bewerberlage mittlerweile etwas positiver dar.

Mit dieser Website wurde ein Medium geschaffen, über das die guten Arbeitsbedingungen und der hohe Stellenwert und die Wertschätzung für die Mitarbeitenden im UKE nach innen und außen transportiert werden konnten. Derzeit wird ein Konzept für ein fortlaufendes Update der Profile erarbeitet, um z.B. Fotos oder Beschreibungen neuer Schwerpunkte schnell und unkompliziert ändern zu können. Außerdem sollen die Stations-Profile in regelmäßigen Abständen immer wieder aktualisiert und angepasst werden.

Name des Krankenhauses
AnschriftUniversitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Martinistraße 52
20251 Hamburg
KlinikleitungÄrztlicher Direktor, Vorstandsvorsitzender
Prof. Dr. Burkhard Göke

Dekanin
Prof. Dr. Blanche Schwappach-Pignataro

Direktor für Patienten- und Pflegemanagement
Joachim Prölß

Kaufmännische Direktorin
Marya Verdel
Websitewww.uke.de
Ansprechpartner der MaßnahmeJoachim Prölß
Direktor für Patienten- und Pflegemanagement
Telefon: +49 (0) 40 7410 - 54738
j.proelss@uke.de
Struktur- und Leistungsdaten
Anzahl der Betten im gesamten Krankenhaus1.417
Fallzahlen des Krankenhauses / Vollstationäre Fallzahl
64.432
Ärztinnen/Ärzte insgesamt (außer Belegärzte)1.050
Gesundheits- und (Kinder)Krankenpfleger/-innen1.778
Projektmotivation / -vorbereitung

Ausgangslage

  • Die Unternehmenskommunikation und Direktion für Patienten- und Pflegemanagement des UKE wollten sich bei der Bewerbersuche von anderen Unternehmen und Mitbewerbern sichtbar und spürbar abgrenzen.
  • Das Klinikum bietet eine große Vielfalt an Arbeitsbereichen (über 100 Stationen), gleichförmige Anzeigen für universitäre Spitzenmedizin wurden nicht mehr als zielführend erachtet.
  • Es wurde ein Tool für potenzielle neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht, das die Vielfalt des Unternehmens mit Schwerpunkt auf dem menschlichen Faktor darstellt. Gleichzeitig sollte es die Qualifikationen und Wünsche der Bewerber berücksichtigen und intern wie extern eine passgenaue Stellenbesetzung ermöglichen.
  • Zusätzlich wurde dies auch als Instrument der Organisationsentwicklung und Wertschätzung an die sich einbringenden Bereiche betrachtet, da die öffentliche Darstellung der Stationen in ihre eigene Verantwortung übergeben wurde und sie sich individuell darstellen konnten.

Am Projekt beteiligte Berufsgruppen/Personen

    • Unternehmenskommunikation
    • Direktion für Patienten- und Pflegemanagement
    • Führungsebene des Pflege- und Funktionsdienstes mit ihren Teams

    Externe Projektförderung und Kooperationen

    • Keine Förderung.
    • Das Projekt wurde intern umgesetzt, es wurde lediglich eine Agentur für die technische Implementierung beauftragt.
    Projektumsetzung

    Ziele

    • Das UKE in das Mindset von Bewerberinnen und Bewerbern rücken
    • Interesse am Unternehmen UKE und am Pflegeberuf wecken bzw. steigern
    • Moderneres, authentisches Bild für jüngere Zielgruppe präsentieren (Social Media-Darstellung)
    • Vielseitigkeit der Pflegebereiche präsentieren, abseits einer anonymen Darstellung eines Universitätsklinikums mit Schwerpunkt auf den einzelnen Teams (Abbau von Barrieren zur Bewerbung)
    • Matching schaffen zwischen dem, was das Unternehmen zu bieten hat und der Bewerber sich wünscht
    • Allen Stationen die Möglichkeit geben, sich individuell und eigenverantwortlich im Internet zu präsentieren

    Projektdauer

    Eingeführte Maßnahmen

    • Entwicklung eines Fragenkataloges (35 Fragen) mit eigenem Matchingalgorithmus
      • Fragen bilden verschiedene Aspekte des Pflegeberufs ab (Beispiel siehe unten)
      • Für die Entwicklung der Matchingprofile der Stationen und Bereiche wurden allen Pflegeteams - insgesamt 3.000 Pflegekräften - dieselben Fragen zu ihrer Station gestellt. Aus den Antworten wurden die individuellen Stationsprofile errechnet, die dann mit den Antworten der Interessenten gematcht werden.
    • Alle Stationen bzw. Bereiche haben einen (technischen) Rahmen bekommen, in dem sie sich inhaltlich frei, kreativ und eigenverantwortlich darstellen konnten
      • Es wurden Sprüche, Verse und Texte geschrieben, Fotos gemacht und Filme gedreht – im Fokus steht das jeweilige Team mit den besonderen Tätigkeitsfeldern
      • Informationen werden vermittelt über die zu versorgenden Patientinnen und Patienten, die Anzahl der Teammitglieder und Betten auf der Station sowie zum Teamklima und gemeinsamen (privaten) Aktivitäten
    • Interessierte Bewerberinnen und Bewerber (extern sowie intern)
      • beantworten die Fragen und erhalten die zehn Stationen und Bereiche, die am besten passen, vorgestellt. Steht die Ampel einer Stationsseite auf „grün“, ist dort eine Stelle frei
      • können direkt in den Bereichen oder Stationen „stöbern“
      • können einfach und unkompliziert telefonisch oder per Mail Kontakt zur Station aufnehmen und sich zur Hospitation oder Vorstellung verabreden sowie auch direkt eine Bewerbung an die Stationsleitung übermitteln
      • haben zusätzlich immer noch die Möglichkeit, in das offizielle Bewerberportal des UKE abzuspringen und sich dort zu informieren oder zu bewerben
    • Abgabe des Bewerbungsprozesses in die Bereiche und auf die Stationen
      • Vertrauen der Direktion für Patienten- und Pflegemanagement, dass das Bewerbermanagement mit großer Sorgfalt und Sensibilität durchgeführt wird. Hospitanten beispielweise sollten sich gut informiert und wertgeschätzt fühlen.
      • Hat eine Hospitation oder ein Personalauswahlgespräch auf der Stationsebene erfolgreich stattgefunden, wird ggf. nach Einbindung der Zentrumsleitung (keine Vorgabe) die Bewerbung des Kandidaten an das Recruiting-Team übergeben. Die Station stellt in einem schlanken Prozess einen Antrag auf Einstellung, den die Personalabteilung in einem rein administrativen Prozess bearbeitet.
      • Alle Leitungen haben standardmäßig aufgrund ihrer Weiterbildung Kompetenzen hinsichtlich Gesprächsführung, Kommunikation und Beurteilung erworben.
    Projektbeurteilung

    Maßnahmen zur Evaluation / Evaluationsergebnisse

    • Unmittelbar nach dem Go-Live der jukebox besuchten rund 1.000 Interessenten wöchentlich die Website. Inzwischen sind es mit entsprechenden Kommunikations- und Werbemaßnahmen mehr als 3.000 Besucherinnen und Besucher pro Woche.
    • Externe Interessenten, aber auch interne Pflegekräfte haben über die jukebox erfolgreich auf den Stationen hospitiert und passgenaue Stellen gefunden
    • Die Bewerberlage stellt sich mittlerweile etwas positiver dar, so dass zumindest schon die jährliche Fluktuation (ca. 300 Stellen) ausgeglichen werden kann

    Rückblickend besonders erfolgreich/gelungen

    • Es wurde ein Medium gefunden, über das die guten Arbeitsbedingungen und der hohe Stellenwert und die Wertschätzung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach innen und außen transportiert werden konnten
    • Bewerberinnen und Bewerbern wird die Möglichkeit gegeben, den Bereich eigenständig auszuwählen. Über das Matching wird eine zusätzliche Orientierung geboten
    • Gute Darstellung der Unternehmenskultur, in der jeder Mitarbeiter als „gleich wichtig“ erachtet wird
    • Mit der besonderen Optik hebt sich das Klinikum positiv auffallend von den Mitbewerbern im Markt ab
    • Die jukebox trägt zu einem verjüngenden Image des UKE als Arbeitgeber für die Pflege bei
    • Das Online-Tool trägt die Vielfalt in besonderer Art und Weise nach außen und schafft so eine Transparenz für Bewerberinnen und Bewerber

    Rückblickend nicht gelungen

    • Es konnte noch keine ganzheitliche Implementierung  der jukebox mit dem übrigen Employer Branding Konzept des UKE erreicht werden: allgemeine Stellenanzeigen im Netz können derzeit nicht technischen mit den Stationen in der jukebox verlinkt werden.
    • Derzeit wird ein Konzept für ein fortlaufendes Update der Profile (ohne großen Aufwand) z.B. Austausch von Fotos, Beschreibung neuer Schwerpunkte etc. erarbeitet